Bonus für Solarindustrie „made in Europe“

18. März 2024

Die Grünen planen höhere Förderungen für Photovoltaik, wenn in der EU hergestellte Komponenten verbaut werden. Der Grund ist die tiefe Krise der Solarindustrie in Europa und Österreich.

Es ist paradox: Die Nachfrage nach klimafreundlicher Photovoltaik (PV) boomt wie nie zuvor; in der EU wurden im Jahr 2023 rund 40 Prozent mehr Kapazität installiert als im Jahr 2022. Zugleich jedoch geht es der PV-Industrie schlecht: EU-weit sind allein seit vergangenem Sommer laut dem Branchenverband Solar Power acht große europäische Hersteller in Probleme gerutscht. Auch in Österreich würden die Produzenten „ordentlich kämpfen“, heißt es aus der Branche: Hierzulande finden sich durchaus wichtige Fertiger von PV-Komponenten, zum Beispiel die Fronius GmbH in Oberösterreich, die Wechselrichter herstellt.

Der Grund: billige Solarkomponenten aus China, die den EU-Markt fluten und gegen die europäische Produkte bei weitem nicht ankommen. Die Produktionskosten der chinesischen Fabrikate liegen nur etwa halb so hoch wie jene der europäischen. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur sollen zwischen 80 und 95 Prozent der Anlagen, die in Europa verbaut werden, aus China kommen.

Made in Europe

Um dagegen anzugehen, planen Vizekanzler Werner Kogler und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) auf österreichischer Ebene nun einen sogenannten Made-in-Europe-Bonus. Grundgedanke: Wenn in einer PV-Anlage europäische Komponenten verbaut werden, soll die Förderung höher werden. Eingeführt werden soll der Bonus im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes – und somit für alle erneuerbaren Energien gelten. Aber „im Fokus stehen Solarkraftwerke“, heißt es in einer Aussendung des Ministeriums. „Gerade dort soll die Produktion von wichtigen Technologien in Europa gehalten werden.“ Es gelte, für „langfristig sichere Lieferketten“ zu sorgen. „Mit dem Bonus unterstützen wir Unternehmen in Österreich und Europa und fördern so die heimische Wertschöpfung“, verkündeten Kogler und Gewessler.

Konkret sollen Fördernehmer bis zu zehn Prozent zusätzliches Geld erhalten, je nachdem, wie viele europäische Komponenten sie in ihrer PV-Anlage nutzen. Wie konkret der europäische Anteil in PV-Anlagen erhoben werden soll, auf dem die Extraförderung dann basiert, ist allerdings noch nicht klar, wie eine Nachfrage des STANDARD im Klimaschutzministerium ergibt. Sind beispielsweise die Anschaffungskosten relevant, von denen ein gewisser Prozentsatz an EU-Hersteller fließen muss? Solche Details der Ausgestaltung sind vorerst noch nicht in Erfahrung zu bringen. Der Vorstoß der österreichischen Grünen setzt jedenfalls auf einer EU-weiten Debatte auf, die seit Monaten intensiv geführt wird. Angesichts der Tiefen der Krise der PV-Industrie wurden jüngst sogar Rufe laut, die Importe aus China mittels Einfuhrbeschränkungen völlig zu verbieten, etwa seitens der französischen Regierung. Dies könnte die EU zum Beispiel dadurch bewerkstelligen, dass sie vor der Welthandelsorganisation (WTO) darauf verweist, dass Peking mit staatlichen Stützen für die dortige PV-Industrie den internationalen Markt verzerrt.

EU-Energiekommissarin Kadri Simson hat allerdings derartigen Maximalvorstellungen Anfang März eine Absage erteilt. „Wir können unsere Grenzen nicht schließen, weil wir die Solarpaneele brauchen“, erklärte sie – ohne Billig-PV aus China würden der PV-Ausbau und somit die Klimawende stocken. Weil jedoch zugleich die PV-Industrie „auch aus Gründen der Energiesicherheit“ nicht aus der EU verschwinden soll, regte Simson bei den Mitgliedsstaaten gelindere Unterstützungsmaßnahmen als besagte Importverbote an. Der EU-Kommission geht es also nicht nur darum, Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Europa zu halten – man will bei der wichtigen PV auch nicht vom politisch unberechenbaren China abhängig sein.

Zweidrittelmehrheit

In ebendiese Richtung zielt nun der Made-in-Europe-Bonus aus dem Ressort von Gewessler. Wie viele energiepolitische Maßnahmen braucht er allerdings im Parlament eine Zweidrittelmehrheit – die Regierung hofft auf die Unterstützung der oppositionellen SPÖ, heißt es von Insidern.

Freilich, teurer werden die PV-Anlagen allemal, wenn mehr Komponenten aus der EU in ihnen verbaut werden. Aber ebendieser Preisanstieg soll dem PV-Boom nicht behindern, weil er eben staatlicherseits vom Bonus abgefangen wird. Zugleich fördert Österreichs türkis-grüne Regierung weiter stark die Nachfrage nach PV, indem sie im vergangenen Jänner die Umsatzsteuer auf kleinere Anlagen gestrichen hat. Es ist jedenfalls keine leichte Aufgabe, gleichzeitig für Klimaschutz zu sorgen und die Industrie in Europa zu halten.

Der Standard

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