Branchenverband. Warum der Geschäftsführer geht und die Lobbying-Organisation neu aufgestellt wird
Bereits zehn Prozent der heimischen Stromerzeugung kommen aus Windkraft. Mehr als 1.400 Anlagen stehen in Österreich, mit einer Gesamtleistung von 3.900 Megawatt (MW). Tendenz weiter stark steigend, auch wenn es bei neuen Windrädern zunehmenden Widerstand aus der Bevölkerung gibt.
In der IG Windkraft haben sich die Betreiber und Hersteller der Anlagen sowie die Zulieferunternehmen versammelt, von den Pionieren der Anfangsphase bis zu Großunternehmen. Der Verein ist eine der aktivsten und präsentesten Lobbying-Organisationen des Landes. Diesen Erfolg darf sich Geschäftsführer Stefan Moidl auf seine Fahnen schreiben.
Trotzdem knirscht es seit einiger Zeit im Getriebe. Die Turbulenzen spitzten sich nun mit dem Abgang von Moidl per Ende Juni 2024 zu. Unter seiner Geschäftsführung sei die Erzeugungskapazität der Windkraft um das Viereinhalbfache gestiegen, streut ihm die IG Windkraft in einer Aussendung Rosen. Moidl werde sich jetzt voll auf sein technisches Büro für Biologie und Unternehmensberatung konzentrieren.
Was für Außenstehende überraschend kommt, haben Insider längst kommen sehen. Unter den Mitgliedsunternehmen gibt es heftige Diskussion über die Strategie – und über Moidls Auftreten. Er habe es mit seiner ständigen Kritik an der Politik und den Ländern, deren Unterstützung für den weiteren Ausbau der Windkraft gebraucht wird, stark übertrieben, hört man aus den Unternehmen. Nicht gerade hilfreich für die Interessen der Branche. „Die Windkraft ist kein Nischen-Player mehr, so wie vor 15 Jahren. Moidl hat sich aber politisch wie ein Elefant im Porzellanladen aufgeführt“, bringt ein Mitglied die Kritik auf den Punkt. Bei allem Respekt vor Moidls Leistung in der Vergangenheit, sollte die IG künftig stärker als Interessensvertretung auftreten und weniger als NGO (Nicht-Regierungsorganisation), meint der Chef eines weiteren Unternehmens.
EVN ausgetreten
Dass Moidl vor der letzten Landtagswahl ausgerechnet Niederösterreich wiederholt attackierte, sollte Folgen haben. Ist doch Niederösterreich mit knapp 800 Anlagen und einer Leistung von mehr als 2.000 MW mit Abstand das Windkraft-Land Nummer eins, gefolgt vom Burgenland und der Steiermark.
Die börsenotierte EVN, mehrheitlich in Landesbesitz, verabschiedete sich aus dem Verein. „Die IG Wind hat in den vergangenen 10 Jahren wesentliche Aufbauarbeit für die Akzeptanz der Windkraft in Österreich geleistet. Das sieht man an den beeindruckenden Zuwachszahlen im Osten Österreichs. Aufgrund strategischer Meinungsverschiedenheiten sind wir aber Ende 2022 ausgetreten“, ausgetreten“, erklärt EVN-Sprecher Stefan Zach.
Die EVN-Beiträge werden fehlen, ist der Energieversorger doch eines der größten Mitglieder. Das Jahresbudget der IG Wind stieg 2022 von 1,01 auf 1,56 Millionen Euro, bei einem kleinen Überschuss von 44.000 Euro.
Der Versuch Moidls, den vor Jahren ausgetretenen Verbund-Konzern wieder an Bord zu holen, scheiterte. Die IG Windkraft sei eine wichtige Organisation und man arbeite mit den Mitgliedsunternehmen gut zusammen, aber „ein Wiedereintritt ist daran gescheitert, dass man uns keine Mitsprache im Vorstand ermöglichen und einräumen wollte“, sagt Verbund-CEO Michael Strugl gegenüber dem KURIER. Wenn man nicht einmal die Möglichkeit habe, in den Gremien vertreten zu sein, „ist eine teure Mitgliedschaft nicht gut argumentierbar“.
Dass die von einem externen Berater durchgeführte Mitarbeiter-Befragung der Geschäftsleitung der IG Wind ziemliche Führungsschwächen attestierte, kam bei den Mitgliedern auch nicht gut an. Jetzt wird dringend ein Nachfolger für Moidl gesucht, der die IG Wind strategisch neu ausrichten soll. Die Zeit drängt, denn die Vize-Geschäftsführerin ist in Karenz und es droht ein Vakuum an der Spitze.
Bei der Generalversammlung im Mai wird auch Obmann Fritz Herzog (Windkraft Wolkersdorf) zurücktreten, der den Vorsitz des Vorstandes ursprünglich interimistisch übernommen hatte. Der Vorstand eines Vereins ist ähnlich einem Aufsichtsrat.
Moidl, sonst medial höchst aktiv, war für eine Stellungnahme für den KURIER nicht erreichbar.
von Andrea Hodoschek
Kurier