Gezerre um Ausstieg aus russischem Gas

16. April 2024, Wien

Ein Gesetzesentwurf des Klimaministeriums belebt die Debatte neu, woher Österreich ab 2025 Erdgas bekommen wird. Die Argumente für und wider sind bekannt.

Das grün-geführte Klimaministerium macht offenbar Ernst mit der Ankündigung von Mitte Februar, die heimischen Gasversorger zur Abkehr von russischem Gas zu verpflichten. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, mit Änderungen im Gaswirtschaftsgesetz, im Gasdiversifizierungsgesetz und im Energielenkungsgesetz, liegt seit einigen Tagen bei der ÖVP. Demnach müssten Gasversorger mit mehr als 20.000 Kunden bereits ab dem Gasjahr 2024/25 (Start Oktober) nachweislich 40 Prozent nicht russisches Gas im Portfolio haben. Bis 2027/28 müsste der Anteil stufenweise auf 100 Prozent steigen. Zudem müssten Versorger künftig nachweisen, dass sie auch beim Ausfall des jeweils größten Einzellieferanten alle Kunden mit Gas beliefern können. Ausgenommen wären Versorger, die ausschließlich nicht russisches Gas beziehen.

Klimaministerin Leonore Gewessler hat Versorger und Industrie wiederholt – auch per Brief – gedrängt, sich um Alternativen zu russischem Gas zu kümmern. Ihre Argumente: Der Transitvertrag zwischen den Kriegsparteien Russland und Ukraine läuft Ende dieses Jahres aus und es ist nicht klar, wie es weitergeht. Außerdem könnten kriegsbedingt die Lieferungen über ukrainische Pipelines abrupt unterbrochen werden. Das würde die Preise wieder explodieren lassen, wenn – wie im Februar – weiterhin fast 90 Prozent der heimischen Gasimporte aus Russland kommen. Am europäischen Gasmarkt sei genug Gas da und teils günstiger als am Wiener Handelsplatz CEGH. Die höheren Kosten für die Diversifizierung sollen weiterhin vom Staat übernommen werden.

Die Gegenseite kontert – nicht zum ersten Mal: Flüssiggas und alternative Lieferwege seien zu teuer, insbesondere durch die neue deutsche Speicherabgabe. Zudem werde bereits an einer Lösung für die weitere Durchleitung durch die Ukraine gearbeitet, an der neben Österreich auch die Slowakei und Slowenien Interesse hätten, die ebenfalls stark von Russlands Gas abhängen.

Offiziell will das Gesetzespaket niemand kommentieren. Aus dem Hintergrund verlautet, dass es wohl bald Gespräche innerhalb der Koalition geben wird. Dem Vernehmen nach kursieren auch abgemilderte Vorschläge, die einfach nur das Ziel eines Ausstiegs aus russischem Gas 2027 vorsehen. Das hat sich die EU vorgenommen, allerdings ist das Datum bisher nicht gesetzlich festgeschrieben.

Auch wenn sich die Koalition auf ein Ausstiegsszenario einigt, ist fraglich, ob ein Beschluss noch vor der Nationalratswahl im September gelingt. Die Gesetzesänderungen brauchen eine Zweidrittelmehrheit, also die Stimmen einer der beiden großen Oppositionsparteien.

von Monika Graf

Salzburger Nachrichten

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