Zu wenig Wasser für die Wasserstoff-Anlage?

17. Juni 2024, Zurndorf

Verteilungskampf

Die ÖVP Burgenland fordert Landeshauptmann Doskozil auf, das geplante Wasserstoff-Projekt in Zurndorf zu überdenken. Für so eine Anlage sei in der Region nicht genug Wasser vorhanden.

Gemeinsam mit dem Verbund, den Netzbetreibern in Niederösterreich, Wien und im Burgenland plant die Burgenland Energie – wie berichtet – den Bau einer Wasserstoffanlage. In Zurndorf sollen bis zum Endausbau im Jahr 2031 rund 40.000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Es sei ein europäisches Vorzeigeprojekt, mit dem die Abhängigkeit von russischem Gas reduziert werde, betont die Burgenland Energie.

„Grünes Gas“ aus dem Burgenland für die Industrie

Wasserstoff gilt als Möglichkeit, um Wind- und Sonnenenergie saisonal zu speichern, er soll aber auch Industriebetriebe bis nach Schwechat und Wien mit sauberem Gas versorgen. Längerfristig über eine Pipeline, bis diese liegt ist der Transport mittels LKW geplant.

Um „grünes Gas“ zu produzieren, wird allerdings Wasser gebraucht. Eine Wasserstoffanlage ist nichts anderes als eine Elektrolyseanlage, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Dazu wird Energie benötigt: um „grünes Gas“ zu produzieren, natürlich „grüne Energie“. Diese ist im Hybridpark (Windkraft und Photovoltaik) in Zurndorf reichlich verfügbar. Was allerdings weniger reichlich vorhanden ist, ist Wasser.

Bei einem Medientermin im Windpark Zurndorf bringt es Werner Falb-Meixner, Bauernbund-Obmann des Neusiedler Bezirks, auf den Punkt: „Es macht Sinn, Windräder dort zu bauen, wo der Wind weht. Ein Wasserstoffwerk muss dorthin kommen, wo Wasser ist.“ In die gleiche Kerbe schlägt ÖVP-Klubobmann Markus Ulram, der betont, wie notwendig erneuerbare Energie sei, jedoch nicht in Form einer Wasserstoff-Fabrik in einem Trockengebiet. Er spricht von einer dreiviertel Milliarde Kubikmeter Wasser, die im Jahr aufgebracht werden müsste. „Das ist die 2,5-fache Menge an Wasser, die alle Burgenländer täglich zum Trinken und Kochen benötigen.“

ÖVP-Landtagsabgeordneter Gerald Handig sprach gar über weitreichenden Konsequenzen für die gesamte Region. „Diese Fabrik würde unsere ohnehin schon knappen Wasserreserven weiter strapazieren und das Risiko für zukünftige Dürreperioden erhöhen.“ Ulram und Handig verweisen in ihrer Argumentation auf den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung, in dem die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See in einer Stellungnahme Bedenken geäußert hat, ob überhaupt die benötigte Wassermenge aufgebracht werden könne.

Werner Falb-Meixner glaubt das nicht: „Selbst die Bauern bewässern hier, im Umkreis von zehn Kilometern des geplanten Standorts der Wasserstoffanlage, nicht, weil es hier gar keine Brunnen gibt.“ Das Grundwasser liege zu tief und sei deshalb nicht förderbar.

Ein Brunnen oder doch 215 Brunnen?

Der Kampf ums Wasser scheint jedenfalls in Zahlenspielereien zu münden: „Die von der ÖVP behaupteten Zahlen zum Wasserverbrauch entsprechen in keiner Weise den tatsächlichen Fakten des Projekts“, heißt es in einer Aussendung der Burgenland Energie. Der verantwortliche Wasserleitungsverband Nord habe bereits mehrfach bestätigt, dass das Wasserstoffprojekt keine negativen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und den Neusiedler See habe. Das Wasserstoff-Projekt sei so geplant, dass es keine Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel gebe. Im Endausbau des Wasserstoffprojekts werde weniger als 1 Prozent des burgenländischen Wasserbedarfs für die Unabhängigkeit von russischem Erdgas benötigt.

„Wir brauchen hier so viel Wasser, wie es einem Feldbrunnen entspricht. In der Region gibt es rund 6.000 offizielle Feldbrunnen. Wir sind der Meinung, dass uns die Gasunabhängigkeit von Russland 1 von 6.000 Feldbrunnen wert sein sollte“, so Vorstandsvorsitzender Stephan Sharma.

Falb-Meixner kontert mit einem Rechenbeispiel: „Die gesamte bewilligte Bewässerungsmenge im Bezirk beträgt 22.000.000 Kubikmeter, bei 6.000 Brunnen sind das pro Brunnen 3.666 m³. Für die benötigten 788.400 m³ sind das schon zumindest 215 Brunnen.“

Den Kampf gegen das Projekt möchte die ÖVP jedenfalls weiterführen, denn auch wenn die Wassersituation in der Region derzeit aufgrund der vielen Niederschläge gut aussieht, könnten kommende Dürreperioden einen Verteilungskampf anheizen. Dann stehe eine Frage im Raum, befürchtet Falb-Meixner: „Wasser für die Energieerzeugung oder für die Nahrungsmittelproduktion?“ Gemeinsam mit weiteren Anrainern habe er eine Beschwerde zum Bescheid über die nicht notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung eingebracht. Diese sei erst ab einer versiegelten Fläche von 5 Hektar notwendig. Mit 4,9 Hektar versiegelter Fläche schrammt das Projekt daran aber knapp vorbei.

Die von Seiten der ÖVP geäußerte Kritik und die vorliegende schriftlich eingebrachte Beschwerde am Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) seien lächerlich, meint SPÖ-Klubobmann Roland Fürst: „Es ist aber wichtig, dass die Menschen auch wissen, worum es der ÖVP wirklich geht: Das Gesetz zum UVP-Verfahren und die Tatsache, dass ein UVP-Verfahren beim Wasserstoff nicht notwendig ist, ist ein Bundesgesetz. Wenn die ÖVP Burgenland hier also ein Thema hat, dann soll sie das bitte mit ihrer Bundesregierung klären – aber nicht auf Kosten der burgenländischen Bevölkerung.“

von Birgit Böhm-Ritter

Burgenländisches Volkszeitung