VSV vs. EVN: Staatsanwalt sieht keinen Betrug

17. Juli 2024

„Heimliche Preisexplosion“

Der Verbraucherschutzverein VSV erhob vergangene Woche schwere Vorwürfe gegen den Landesenergieversorger. Die EVN wies alle Vorwürfe zurück, die Staatsanwaltschaft konnte keinen Betrug nachweisen.

Im Herbst 2022 habe der Landesenergieversorger EVN seine Preise für Strom und Gas um bis zu 500 Prozent erhöht, ohne die Kundinnen und Kunden darüber zu informieren – so lautet der Vorwurf des Verbraucherschutzvereins (VSV).
„Auch wenn man es in der Chefetage der EVN nicht glauben mag: 4.000 bis 8.000 Euro Nachzahlung auf der Energierechnung, das können sich weder Privathaushalte noch die von uns ebenfalls vertretenen KMUs einfach so leisten“, hieß es von VSV-Obfrau Daniela Holzinger. Diese Betrugsunterstellung sei „völlig aus der Luft gegriffen“, reagierte EVN-Sprecher Stefan Zach. Der Verein hatte eine Sachverhaltsdarstellung mit der Bitte um Prüfung auf einen Strafantrag bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta) eingebracht, die es an die Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt weiterleitete.

Zu behaupten, die Kunden seien ohnehin über die Medien über die Preisänderungen informiert worden, sei für den VSV juristisch ein Streitpunkt. Zumal „im Preisinformationsblatt und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der EVN auch ausdrücklich steht, der Kunde werde jedenfalls per Post über Änderungen informiert“, sagte Peter Kolba vom VSV noch vergangenen Freitag.

Absichtlicher Betrug ist „nicht nachweisbar“

Die Staatsanwaltschaft (StA) Wiener Neustadt bestätigte am Montag, dass es gegenüber der EVN zu keiner Anklage auf strafrechtlicher Ebene kommen wird. „Es konnte nicht festgestellt werden, dass die EVN bereits zum rechtlich relevanten Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses mit den Kunden den Vorsatz hatte, diese in Hinkunft absichtlich nicht weiter zu informieren, dass Preisänderungen bzw. Anpassungen erfolgen werden“, sagt Erich Habitzl, Leiter der Medienstelle.

Die Unterlassung der Information einer tariflichen Preisanpassung an Marktwerte könne zwar zivilrechtliche Rechtspflichten verletzen, sei aber laut StA keiner aktiven Täuschung über Tatsachen gleichzusetzen – zudem „war kein Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung feststellbar, weil die EVN AG offenkundig sämtliche verkaufte Energie geliefert und nach Tarifsätzen richtig verrechnet hat und die Volatilität des Energiemarkts ohnehin medial breit thematisiert wurde“.

Sollte es zu keiner Anklage kommen, wolle man einzelne Betroffene zivilrechtlich unterstützen, gab die VSV-Obfrau am Montag bekannt. „Jeder Cent, den ich zurückbekomme, ist ein Gewinn“, sagt eine betroffene Pensionistin aus Wr. Neustadt, die sich im Vorjahr mit einer Nachzahlung von über 2.200 Euro konfrontiert sah. „Ich habe das Gefühl, hier will man vor allem Pensionisten zur Kasse bitten.“ Cirka 200 Fälle, in denen sich Kunden betrogen fühlen, hatte der Verein gesammelt.

von Anna Kindlmann

NÖN