Tschechien gibt vorerst nur zwei neue Reaktorblöcke in Auftrag

19. Juli 2024, Prag

Die beiden Atomreaktoren werden im AKW Dukovany gebaut – über zwei neue Reaktoren im AKW Temelin wird weiterverhandelt

Wie viele werden es? Einer oder gar vier? Mit Spannung war in Prag die Entscheidung über den weiteren Ausbau der Atomkraft in Tschechien erwartet worden.

Ursprünglich hatte Tschechien geplant, nur einen neuen Reaktor im Atomkraftwerk Dukovany in Auftrag zu geben. Bis der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala im Februar überraschend verkündet hatte, die Ausschreibung auf bis zu vier Reaktorblöcke auszudehnen – zwei für Dukovany, zwei für Temelin.

Diese Woche fiel in einer Regierungssitzung in Prag die Entscheidung: Vorerst sollen zwei neue Reaktorblöcke für das AKW Dukovany gebaut werden. Der Milliardenauftrag geht an den südkoreanischen Konzern KHNP. Der französische Konzern EDF, der zuletzt ebenfalls noch im Rennen war, geht leer aus. Die Kosten für die beiden neuen Reaktoren hat die tschechische Regierung in gegenwärtigen Preisen mit rund 15,8 Milliarden Euro veranschlagt. Aller Voraussicht bleibt es nicht dabei. Alle jüngsten Reaktorneubauten in Europa hatten zuletzt mit massiven Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen zu kämpfen.

Beginnen soll der Bau des ersten neuen Reaktors in Dukovany 2029, die Inbetriebnahme plant die Regierung vorerst mit 2036. „Das koreanische Angebot war in praktisch allen bewerteten Kriterien besser“ als das französische, sagte Regierungschef Fiala.

Er kündigte zudem an, dass die Auftragsvergabe an die Südkoreaner auch der tschechischen Wirtschaft dienen werde. Laut Fiala gaben die Koreaner im Angebot an, dass die tschechische Industrie zu etwa 60 Prozent an dem Projekt beteiligt sein sollte. Das investierte Geld werde einen hohen Multiplikatoreffekt haben.

Temelin-Ausbau nicht vom Tisch

Die Ausbaupläne für das AKW Temelin sind mit der dieswöchigen Entscheidung freilich nicht vom Tisch. Denn zugleich beschloss die Regierung in Prag, mit KHNP weiter über zwei neue Blöcke auch in Temelin zu verhandeln.
Tschechiens Energieplan sieht vor, den Anteil der Atomkraft im Strommix von derzeit rund 37 Prozent (siehe Grafik) bis ins Jahr 2040 auf mehr als 50 Prozent auszubauen.

Kaineder: „Atomarer Irrweg“

Kritik an der Entscheidung kommt aus Oberösterreich: Tschechien plane „den nächsten Schritt auf dem atomaren Irrweg“ und werde zum „Testgebiet für koreanische Reaktortechnologie“, sagt Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) im OÖN-Gespräch. Statt den Anteil an Erneuerbaren Energien zu erhöhen, baue Tschechien „die teure und gefährliche Atomkraft“ aus.

KHNP habe keine Erfahrung mit dem Bau von Reaktoren in Europa und den höheren Sicherheitsbestimmungen, kritisiert auch die Anti-Atom-Organisation „atomstopp“. Es handle sich zudem um den ersten Reaktor des Typs APR-1000, der weltweit gebaut werde. Kosten- und Zeitplan seien außerdem unrealistisch.

Oberösterreichische Nachrichten