Viel Schatten, wenig Sonne: Österreichs Photovoltaik-Branche übt harte Kritik am Land Tirol. Das geplante Ausbaugesetz sei viel zu halbherzig.
Innsbruck – Österreich brauche, um die Energiewende und den stark steigenden Stromverbrauch auch bei der Heizung, Kühlung oder E-Autos abzudecken, einen massiven Ausbau von erneuerbarer Energie – neben Wasserkraft, Wind und Biomasse vor allem von Sonnenstrom, sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Photovoltaic Austria, Vera Immitzer, zur TT. Derzeit steuere Photovoltaik bereits 12 Prozent zum Stromverbrauch Österreichs bei, bis 2030 sollten es schon über 20 Prozent sein.
Durch Förderungen und die Energiekosten-Explosion nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist das Solar-Ausbauvolumen massiv gestiegen. Auch Tirol habe seinen Photovoltaik-Jahreszubau 2023 auf 146 Megawatt mehr als verdoppelt und sei zumindest in die Nähe des notwendigen Zubau-Solls von 162 Megawatt gekommen. Bevölkerung und Wirtschaft seien bereit, hier weiter zu investieren, nur leider glaube offenbar die Tiroler Politik nicht an die Technologie, kritisiert Immitzer.
Konkret schießt sich der Branchenverband auf das geplante „1. Tiroler Erneuerbaren-Ausbaugesetz“ ein, durch das fünf Landesgesetze überarbeitet werden sollen. Man habe intensive Gespräche mit dem Land geführt, „unsere Hoffnungen wurden aber schwer enttäuscht“. Das Gesetz werde seinem Namen laut Immitzer nicht gerecht und sei für die nötigen Ausbauziele eine „Nullnummer“.
Bürokratie und Vorschriften
So blieben etwa die bestehenden Grenzen zur Anzeige- und Genehmigungspflicht von PV-Anlagen unverändert streng. In Tirol seien alle PV-Anlagen ab einer Leistung von 50 kW (280 m² Modulfläche) anzuzeigen und erst ab 1300 m² Modulfläche zu genehmigen. Tirol sei hier Schlusslicht, zumal etwa in Niederösterreich und Oberösterreich keine Anzeige erforderlich und eine Bewilligung erst ab 1000 kWp notwendig sei. In Salzburg seien Installationen genehmigungsfrei, wenn sie durch einen konzessionierten Elektrofachbetrieb durchgeführt werden.
In Sachen Naturschutz gibt es laut Immitzer „willkürliche Anzeige- bzw. Genehmigungsgrenzen für PV-Anlagen, obwohl Orts- und Landschaftsbild laut den EU-Vorgaben kein Verhinderungsgrund sein dürften, weil PV-Anlagen als übergeordnetes öffentliches Interesse gelten würden. Die EU wolle eine Freistellung für Anlagen unter 100 kW, während Tirol eine Naturschutz-Anzeige bereits ab 11 kWp inklusive einer Bearbeitungszeit von bis zu vier Monaten vorsehe.
Tirol habe in der Bauordnung im Bundesländervergleich weiterhin „äußerst komplizierte Regelungen, die auch diesmal nicht vereinfacht wurden“, kritisiert Immitzer. PV-Dachanlagen seien hierzulande mit einer Modulfläche ab 100 m² anzeigepflichtig, in Niederösterreich gar nicht und in Oberösterreich erst ab 5000 m².
„Unsere Hoffnungen wurden enttäuscht, das Erneuerbaren-Ausbaugesetz verdient seinen Namen nicht.“
Vera Immitzer (Geschäftsführerin Photovoltaic Austria)
Tiroler Tageszeitung