
Balkonkraftwerke. Kleine, einfach zu montierende PV-Anlagen sind eine Option, ein wenig zur Energiewende beizutragen und die Stromrechnung zu senken. Das Wegfallen der Förderregelung könnte den Boom bremsen.
Balkonkraftwerke, kleine Photovoltaikanlagen, die direkt an eine Steckdose angeschlossen werden, sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. „Die steigenden Strompreise spielen eine große Rolle“, weiß Wolfgang Winterleitner, Inhaber der auf Balkonkraftwerke spezialisierten ATR GmbH. In Zukunft könnten die Systeme laut Winterleitner eine große Bedeutung in der dezentralen Energieversorgung spielen.
Die Hauptzielgruppe von Balkonkraftwerken sind private Haushalte, die eine Möglichkeit suchen, selbst Strom zu erzeugen, ohne größere bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen. „Besonders interessant sind diese Systeme für Stadtbewohner mit kleinen, sonnigen Außenbereichen, die gern zur Energiewende beitragen möchten“, erklärt Anna Mayer-Vissing, Geschäftsführerin der Das Kraftwerk GmbH, einem Anbieter von Photovoltaiklösungen.
Aber auch Hausbesitzer in ländlichen Gebieten würden sich zunehmend für Balkonkraftwerke interessieren. Allen Kunden gemein sei der Wunsch, ihre Grundlast, also etwa Kühlschränke oder andere Standby-Geräte, mit Solarstrom zu versorgen.
Die Montage der Minisolarkraftwerke ist grundsätzlich einfach, doch es gibt einige gesetzliche Regelungen zu beachten. Balkonkraftwerke dürfen bis 800 Watt ins Stromnetz einspeisen und müssen dem jeweiligen Netzbetreiber gemeldet werden. Außerdem unterliegt die Errichtung von PV-Anlagen dem Baurecht, das in den Bundesländern unterschiedlich gestaltet ist. Hier empfiehlt sich die Nachfrage bei der Gemeinde als Baubehörde.
Nachbarn informieren
In Mehrparteienhäusern haben darüber hinaus auch die Miteigentümer ein Mitbestimmungsrecht. „Die Nachbarn müssen über das Vorhaben informiert werden und haben dann zwei Monate Zeit, Einwände zu erheben – danach gilt ihre Zustimmung als erteilt“, erklärt Michael Braun, Gebäudetechniker und Leiter des Fachbereichs Energieberatung und Gebäudetechnik im Energieinstitut Vorarlberg.
Braun: „Wichtig ist, dass man keine Mehrfachstecker oder Verlängerungskabel einsetzt. In alten Gebäuden zahlt es sich womöglich auch aus, Anschlüsse vom Elektriker überprüfen zu lassen.“ Einschränkungen könne es zudem bei denkmalgeschützten Gebäuden oder in speziell ausgewiesenen Zonen geben.
Die Anschaffungskosten betragen je nach Modell und Ausstattung ab rund 300 Euro, inklusive Speicher sind sie ab etwa 1000 Euro zu haben. Trotz dieser Investition rechnen sich die Anlagen schnell, da sie dazu beitragen, die Stromkosten zu senken. „Mit einer Ersparnis von etwa 200 Euro pro Jahr amortisiert sich eine Anlage oft innerhalb von zwei bis fünf Jahren“, rechnet Mayer-Vissing vor.
Die laufenden Kosten sind gering, da moderne Systeme praktisch wartungsfrei sind. Einige Kunden entscheiden sich zudem für Speichersysteme, um den Eigenverbrauch weiter zu optimieren.
Die Technologie entwickelt sich stetig weiter, Balkonkraftwerke werden immer effizienter. Besonders intelligente Steuerungssysteme und Speicherlösungen spielen eine wachsende Rolle. Es gibt heute zunehmend smarte Wechselrichter mit WLAN-Steuerung und App-Anbindung.
Akkus für bessere Nutzung
Wer überschüssigen Strom nicht ins Netz einspeisen möchte, kann auf kleine Akkus setzen, die den Strom speichern und flexibel abrufbar machen. Gerade bei Haushalten mit einem geringen Verbrauch während der Tagesstunden kann das die Effizienz der Anlage deutlich steigern. Winterleitner ergänzt, dass verbrauchsabhängige Einspeisungssysteme dabei helfen würden, die Eigenstromnutzung weiter zu optimieren. Die Kompatibilität zwischen Wechselrichtern und Modulen solle jedoch beachtet werden, da nicht jedes System miteinander harmoniere.
Bislang gab es finanzielle Anreize für die Anschaffung von Balkonkraftwerken. „Bis April 2025 sind Photovoltaikanlagen bis 35kWp von der Mehrwertsteuer befreit gewesen“, erläutert Mayer-Vissing. Diese Regelung hätte den Markt stark belebt. Doch mit dem Entfall der Steuerbefreiung müssen Interessanten wieder 20Prozent mehr für ihre Anlagen zahlen.Das trifft vor allem jene, die keine große PV-Anlage auf dem Dach installieren können. „Die Zahl der installierten Anlagen hat sich bislang jährlich verdoppelt. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Mit den richtigen Technologien und intelligenten Speichersystemen können Balkonkraftwerke größere PV-Anlagen ergänzen und in Smarthome-Konzepte integriert werden“, meint Winterleitner.
von Stephanie Tobeitz
Die Presse