Österreich stinkt beim Klima ab

20. November 2025

450 Expertinnen und Experten aus aller Welt beurteilen jährlich die Klimaschutz-Bemühungen einzelner Länder. Österreich fällt um zwölf Plätze zurück. Das entspricht der Note „schlecht“.

Norbert Totschnigs Aufruf bei der Weltklimakonferenz in Belém war deutlich: Alle müssen ihre Anstrengungen jetzt verstärken, um im Klimaschutz auf Kurs zu kommen. Nur: Gerade Österreichs Regierung scheitert an großen Schritten im Klimaschutz, wie ein am Dienstag veröffentlichter Bericht zeigt. Der Climate Change Performance Index (CCPI) beurteilt jährlich die Klimaschutzbemühungen von 63 Ländern und der EU, die gemeinsam mehr als 90 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantworten. Das Ranking wird von dem New Climate Institute, dem Climate Action Network und der NGO Germanwatch herausgegeben, insgesamt sind 450 Expertinnen und Experten an dem Bericht beteiligt.


Wie auch schon in den vergangenen Jahren blieben die ersten drei Plätze des Index leer. Damit erreichte abermals kein Land die Kategorie „sehr gut“. Österreich erreichte in der heurigen Bewertung gerade einmal die Note „schlecht“. Die Republik stürzte von Platz 23 auf Platz 35 ab und befindet sich somit nur mehr im unteren Mittelfeld. Während der hohe Anteil an Erneuerbaren und der zuletzt positive Emissionstrend Österreich zugutekamen, verlor das Land aufgrund seiner nationalen und internationalen Klimapolitik Punkte.


Rotstift beim Klima
So wurden zuletzt zahlreiche Klimaschutzprogramme zurückgefahren, im Budget vor allem im Umweltbereich der Rotstift angesetzt. Darüber hinaus hat die Regierung klimaschädliche Subventionen ausgebaut, anstatt sie – wie von der Wissenschaft klar gefordert – zu kürzen. Auch beim Pro-Kopf-Verbrauch, sowohl was die Energie als auch Treibhausgasemissionen anbelangt, schnitt die Republik schlecht ab. Die Ergebnisse seien weit weg von dem, was notwendig wäre, um das 1,5 oder auch nur das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, erklärt Johannes Wahlmüller von Global 2000, der am Bericht mitgewirkt hat.


Wie berichtet, hat sich Österreich auf EU-Ebene zuletzt dafür eingesetzt, dass das unionsweite Klimaziel für 2040 spät und schließlich auch nur in abgeschwächter Form beschlossen wurde. Auch das hat sich negativ auf das Gesamtergebnis ausgewirkt. Sollte die Regierung angesichts der ersatzlos gestrichenen Klimaschutzförderungen nicht bald gegensteuern, könnte das Ranking im kommenden Jahr noch schlechter ausfallen, warnt Wahlmüller. Kritik kam auch von der ebenfalls beteiligten NGO Greenpeace. Klimaexpertin Jasmin Duregger nannte das Ergebnis ein „unüberhörbares Alarmsignal“.


„Kirche im Dorf lassen“
Totschnig müsse „jetzt endlich das Ruder herumreißen“, meint Durregger. Dieser sieht die Ergebnisse entspannter: „Man muss die Kirche im Dorf lassen und diesen Bericht richtig einordnen. Der Index ist im Wesentlichen eine politische Bewertung von europäischen NGOs, das ist sehr durchschaubar“, teilte Totschnig in einer Aussendung mit.
Auf dem vierten und damit obersten Platz liegt nach wie vor Dänemark. Das Land schnitt vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien gut ab, wie auch bei seinen Bemühungen, Treibhausgase zu reduzieren. Dann folgt Großbritannien, das seine Emissionen seit 1990 halbieren konnte. Überraschender ist der dritte belegte und sechste gesamte Platz: Marokko. Das Königreich hat, wie mehrere andere Länder des Globalen Südens – zum Beispiel Pakistan oder Nigeria – ein erstaunlich gutes Klimaschutzranking erhalten.


Der Grund dafür liegt zum Teil in der Methodik des Berichts: Die Länder werden anhand ihrer Treibhausgasemissionen, ihres Anteils an Erneuerbaren, ihres Energieverbrauchs und ihrer Klimapolitik bewertet. Diese Einschätzung erfolgt zum Teil subjektiv durch Experten, darunter viele NGOs. Insgesamt 30 Prozent des Bewertungssystems beziehen sich auf Pro-Kopf-Emissionen, sowohl aktuell als auch historisch; als auch auf den Energieverbrauch pro Nase. Beide Werte sind ärmeren und bevölkerungsreichen Ländern oft niedrig.
Die EU als Ganzes wurde in dem Bericht gesondert bewertet. Sie rutschte um drei Plätze auf Platz 20 ab. Die Autorinnen und Autoren bezweifeln, dass die Mitgliedsstaaten ihre überarbeiteten Energie- und Klimapläne vollständig umsetzen werden. Kritik gab es auch für die geplante Nutzung internationaler CO2-Zertifikate ab 2036.


Auf dem letzten Platz
Die drei untersten Plätze des Rankings werden von den Vereinigten Staaten, dem Iran und Saudi-Arabien belegt. Alle drei Staaten schneiden vor allem im Bereich der Erneuerbaren sowie aufgrund ihrer laxen Klimapolitik schlecht ab.
Neben Totschnig ist auch die schwarze Umweltsprecherin Carina Reiter nach Belém gereist. Reiter betonte laut APA, dass sie Diskussionen zur Klimakrise „fachlicher und wertfreier“ führen wolle, weg vom „oberlehrerhaften Verhalten“ mancher Kollegen. Kritik am ÖVP-Klimakurs wolle sie nicht gelten lassen, Klimapolitik könne nicht isoliert betrachtet werden. Die ÖVP werde in der Diskussion oftmals „böse“ dargestellt und in „ein Eck gestellt“. Genau dorthin stellte der ebenfalls in Brasilien anwesende grüne Klimasprecher Lukas Hammer die ÖVP. Er zeigte sich „enttäuscht“, dass Totschnig zum Ausstieg aus fossilen Energien schweigen würde.

Der Standard