Bis 2040 sollten die Ausbauziele bei Solarstrom zurückgenommen und Windkraft sollte deutlich stärker ausgebaut werden
Jeder Plan ist nur so gut wie seine Umsetzungsschritte. Dazu gehört auch und gerade das Erreichen der angestrebten Klimaneutralität in Österreich bis 2040. „Machbar“, heißt es in der Branche, „aber …“ Das „aber“ bezieht sich auf die verschiedenen Wege, wie das Ziel erreicht werden kann, 2040 unterm Strich nicht mehr CO2 in die Atmosphäre zu blasen als sich beispielsweise in Senken, etwa zusätzlichen Waldflächen, binden lassen.
Man kann es teuer angehen oder effizient und sparsam, was in Zeiten knapper Budgets wohl das Richtige wäre, wie Verbund-Chef Michael Strugl, Präsident von Österreichs Energie, am Rande des derzeit laufenden Energiekongresses in Villach sinngemäß meinte. Dies erfordere aber eine Änderung im Ausbaumix der erneuerbaren Energien.Auf den Punkt gebracht bräuchte es 2040 mehr Windkraft und weniger Photovoltaik als derzeit geplant. Mehr Windkraft deshalb, weil der Strom tendenziell dann in Netz geht, wenn er gebraucht wird – sprich auch in den Morgen- und Abendstunden.
Sommer und Winter
Ein zweiter und möglicherweise noch wichtigerer Grund: Bei Windrädern entfallen 60 bis 65 Prozent der Jahresproduktion auf die Wintermonate, wo PV nur 30 Prozent ihrer Leistung erbringt und auch die Wasserkraft aufgrund der schwächeren Wasserführung weniger Strom ins Netz einspeist, als notwendig wäre. Photovoltaik sei zwar notwendig und sinnvoll, aber in Maßen, meint Danny Güthlein, Vorstand des Kärntner Energieversorgers Kelag. Das Problem mit PV sei, dass die Anlagen gleichzeitig im ganzen Land Strom erzeugten, am meisten um die Mittagsstunde, wenn die Sonne am höchsten steht. Jede Kilowattstunde, die nicht umgehend lokal verbraucht werden kann, muss transportiert oder gespeichert werden. Das verursacht Kosten, die von allen Stromverbrauchern zu tragen sind – Kosten, die steigen und steigen, je mehr Strom zu Zeiten produziert wird, wo er nicht benötigt wird.
PV-Betreiber müssen schon jetzt in Kauf nehmen, dass ihre Anlagen gedrosselt werden, wenn sie überschüssigen, nicht selbst genutzten Strom ins öffentliche Netz einspeisen wollen. Manchen ist es passiert und kann es weiterhin passieren, dass sie gar keinen Anschluss erhalten, weil die Netze zu schwach sind und erst ertüchtigt werden müssen.
Statt 40 Gigawatt (GW), wie im Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) vorgeschlagen, sollten bei PV nur 30 GW an Leistung zugebaut werden, fordert Strugl unter Verweis auf eine von Compass Lexecon im Auftrag von Österreichs Energie erstellte Studie. Der Zubau bei Windkraft sollte von vorgesehenen zwölf GW auf 15 GW bis 2040 aufgestockt werden, verteilt auf ganz Österreich. Dadurch werde das Stromsystem auch stabiler, weil irgendwo immer Wind weht, insbesondere im Winter.
Weil Windstrom anders als PV weniger Spitzen in der Produktionsabfolge zeige, seien auch die Netzbelastung und in der Folge die Systemkosten geringer. Der Starkregen samt Überschwemmungen der vergangenen Tage habe die Stärken der Windkraft eindrucksvoll gezeigt, sagte Strugl. Während die Laufkraftwerke an der Donau Hochwasser bedingt starke Erzeugungsverluste in Kauf nehmen mussten – 600 statt normalerweise rund 1800 Megawatt –, habe das starke Winddargebot geholfen, das auszugleichen. PV hingegen habe wegen der geringen Einstrahlung so gut wie nichts zur Stützung des Systems beitragen können.
Der Standard