Günstigere Energie lässt auf sich warten

3. März 2025

Im Aktionsplan der EU zur Senkung der Kosten im Energiesystem finden sich viele Allgemeinplätze und Absichtserklärungen, letztlich aber wenig Konkretes.

Wer sich Hoffnungen gemacht hat, die Energiepreise könnten in absehbarer Zeit substanziell sinken, wird enttäuscht werden. Rasch geht nämlich angesichts der politischen Hängepartie und der prekären budgetären Lage, in der sich gleich mehrere Länder Europas befinden, gar nichts – und substanziell noch viel weniger.

Der Befund, auf den die EU-Kommission in der Einleitung zu ihrem am Mittwoch präsentierten Aktionsplan für leistbare Energie kommt, ist richtig: Die Energiekrise hat die Preisunterschiede im internationalen Wettbewerb verschärft und bringt insbesondere Unternehmen mit hohem Exportanteil zunehmend unter Druck. Sie zahlen für Strom und Gas im Schnitt drei- bis viermal mehr als beispielsweise ihre Konkurrenz in den USA.

Importabhängigkeit

Da ist einerseits die hohe Abhängigkeit der EU-27 von Gasimporten – bis vor kurzem aus Russland, mittlerweile aus den USA, von wo inzwischen 60 Prozent des nach Europa gelieferten LNG (verflüssigtes Erdgas; Anm.) stammen. Bereits im Report des früheren Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist moniert worden, dass die Verhandlungsmacht der EU beim Gaseinkauf nicht genutzt werde.
Im Gefolge des russischen Einmarsches in die Ukraine und des anschließenden Höhenflugs der Gaspreise ist zwar eine Einkaufsplattform aus dem Boden gestampft worden, so richtig in Schwung gekommen ist sie aber nie.

Dann wäre noch der Einfluss von Gas und Kohle auf die Strompreise. Das letzte Kraftwerk, das zur Deckung der Stromnachfrage zugeschaltet werden muss, bestimmt den Preis aller vorher ans Netz gegangenen. Weil das letzte gerade noch notwendige Kraftwerk meist eines ist, das mit teurem Gas befeuert wird, treibt das die Strompreise nach oben.

Etwas Besseres als die Merit-Order, wie der Preisbildungsmechanismus auch genannt wird, wurde bisher nicht gefunden. Wenn man weiß, dass Gas im Jahr 2022 europaweit in 63 Prozent der Stunden den Preis für Strom gesetzt hat, in Österreich in 60 Prozent der Stunden, kann man erahnen, wie stark der Bezug von Gas- und Strompreis zueinander ist.

Was schlägt Brüssel vor, um die Stromkosten zu senken? Die EU-Kommission will eine Methodologie für flexible Netztarife vorlegen. Spitzenlasten sollen verringert werden, sodass der Netzausbau weniger forsch vorangetrieben werden muss.

Die Kommission weist in ihrem Aktionsplan die Mitgliedsstaaten auch darauf hin, dass sie die Umsatzsteuer auf Strom reduzieren können, in Österreich etwa von 20 Prozent auf fünf Prozent. „Das ist neuer Wein in alten Schläuchen“, sagt Lukas Stühlinger, geschäftsführender Gesellschafter von Fingreen, einem Beratungsunternehmen zur Finanzierung von Energie- und Umweltprojekten. Alles altbekannte Vorschläge, die zum Teil schon umgesetzt seien, etwa flexible Netztarife in Deutschland.

Hürden abbauen

Zur Senkung der Strombeschaffungskosten schlägt Brüssel vor, gesetzliche Hürden für langfristige Stromlieferverträge zwischen zwei Parteien abzubauen. Power Purchase Agreements (PPAs), wie diese Abkommen genannt werden, seien nichts Neues, sagt Stühlinger.

Vorschläge dazu wurden von der EU-Kommission schon 2023 veröffentlicht. Erleichterungen für Genehmigungsverfahren, von denen im Aktionsplan die Rede ist, sind bereits in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie RED III verankert. Die Richtlinie muss in Österreich noch umgesetzt werden.
Neu ist laut Stühlinger, dass die EU-Kommission die Genehmigungszeiten für AKWs reduzieren will. Für den beschleunigten Netzausbau soll es bis 2026 Vorschläge geben.

Kein Gaspreisdeckel

Die strengere Kontrolle der Gasmärkte und den ebenfalls vorgeschlagenen gemeinsamen LNG-Einkauf der EU-27 sieht Stühlinger hingegen positiv. Kurze Zeit wurde auch ein Preisdeckel für Gas überlegt: Davon ist man wieder abgerückt.
Was Energiesparen als weitere Maßnahme zur Dämpfung der Energiekosten betrifft, hält Stühlinger die Schaffung eines europäischen Energieeffizienzmarktes für eine gute Idee, auch wenn Details im Nebel bleiben. Fazit: viele schöne Worte, jede Menge Absichtserklärungen, aber wenig Konkretes.

Der Standard