Kein grüner Zweig beim Klima

24. August 2021

Anfang 2022 soll in Österreich ein CO₂-Preis eingeführt werden. Der Weg ist noch weit: Bisher konnten sich die Koalitionspartner weder auf die Höhe noch auf ein Modell einigen.


Nicht nur das Klimaticket ist noch nicht unter Dach und Fach, auch bei weiteren Klima-Großprojekten hinkt Türkis-Grün hinterher. Die Regierung hat das Klimaschutzgesetz nach wie vor nicht finalisiert, und auch bei der Ökosteuerreform wird noch verhandelt. Wie zu hören ist, konnte man sich zumindest auf drei mögliche Modelle einigen. Die Höhe des Preises und auch die Frage, wie Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, sind allerdings noch offen.
ÖVP und Grüne beharren seit Wochen in Interviews darauf, dem Ergebnis nicht vorgreifen zu wollen. Vor der Präsentation – mit dieser ist dem Vernehmen nach zwischen September und November zu rechnen – soll die Öffentlichkeit nicht informiert werden. Wie von beiden Seiten zu hören ist, befinden sich die Gespräche in einer heißen Phase – das heißt es allerdings seit Monaten. Grund für das Schweigen dürfte also vielmehr sein, dass sich die Koalition bisher in beinahe keinem Punkt einigen konnte, wie ein Rundruf zeigt.


Drei verschiedene Modelle
Fix ist, dass 2022 eine Art der CO₂-Bepreisung kommen soll. Derzeit wird über drei verschiedene Modelle diskutiert, wobei auch eine Mischform der Varianten möglich ist: Die einfachste, aber offenbar von beiden Parteien nicht präferierte Möglichkeit ist eine Erhöhung bestehender energiebezogener Abgaben. Diese müssten dann entsprechend adaptiert werden, heißt es aus Verhandlerkreisen.


Ein weiteres Konzept ist die Einführung eines tatsächlichen CO₂-Preises. Hier wird offenbar diskutiert, dass dieser in Form einer eigenen Steuer ähnlich der Mineralölsteuer eingeführt werden könnte. Wo der CO₂-Preis eingehoben werde, sei – wie vieles andere – noch nicht ausverhandelt.

Das dritte – und dem Vernehmen nach von der ÖVP favorisierte – Modell ist die Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems, das an das Inverkehrbringen von fossilen Brennstoffen angeknüpft ist. In Deutschland wurde im Jänner ein solches System etabliert. Dieses verpflichtet die Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen zum Erwerb von Verschmutzungsrechten in Form von Zertifikaten. Die Anzahl der Zertifikate soll – zumindest beim deutschen Modell – jährlich reduziert werden.


In Deutschland wurde zu Jahresbeginn ein CO₂-Preis in der Höhe von 25 Euro je Tonne eingeführt. Bis 2025 soll er auf 55 Euro steigen. Österreichs Regierung hat sich dahingehend noch nicht festgelegt. Von grüner Seite heißt es, dass das Preisniveau auf jeden Fall über dem deutschen liegen soll. Im türkisen Finanzministerium wollte man sich auf Nachfrage nicht auf einen Preis festlegen. Einen Hinweis, ich welche Richtung die ÖVP gehen will, gab Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vor einigen Wochen in einem Interview. Darin verwies er auf eine Empfehlung des Internationalen Währungsfonds, wonach ein CO₂-Preis in Österreich bei 25 Euro starten und sukzessive auf 100 Euro steigen sollte. Auf der Einnahmenseite rechnen die Grünen durch die Maßnahme – je nach Preis – mit zwei bis vier Milliarden Euro pro Jahr.


Trotz vieler Streitpunkte versuchte der grüne Vizekanzler Werner Kogler in Medienauftritten zuletzt Optimismus zu verbreiten: Die stufenweise Einführung des CO₂-Preises inklusive Entlastungsmaßnahmen soll mit 1. Jänner 2022 starten, betonte der Politiker. Bei der ÖVP klingt das Datum nicht in Stein gemeißelt. Mit Jahreswechsel würde sich nicht von einem Tag auf den anderen alles ändern, heißt es aus dem Finanzministerium.


Auch auf der Entlastungsseite gibt es offensichtlich noch Reibungspunkte. Die Volkspartei will vor allem Pendlern auf dem Land keine Steine in den Weg legen. Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen sollen entlastet werden, heißt es bei den Grünen. Insgesamt soll die Abgabenquote im Rahmen der Gesamtreform jedenfalls gesenkt werden.


Noch viele offene Punkte
Klärungsbedarf gibt es nach wie vor auch bei jenen Punkten der Ökosteuerreform, die aus der ersten Stufe noch offen sind. Dazu zählen etwa die Ökologisierung der Pendlerpauschale oder die Reduktion des Tanktourismus. Auch bei der Abschaffung des Dieselprivilegs gibt es keine finale Einigung. Die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler will den günstigeren Steuersatz für Diesel gegenüber Benzin im Rahmen der Ökosteuerreform beenden.

Wirtschaftskammer und Wirtschaftsbund positionierten sich zuletzt gegen die Abschaffung des Privilegs.
Bis Herbst sollen alle Details dann vorliegen. Ein genaueres Datum wollte man bei ÖVP und Grünen nicht nennen. Ob sich eine Einigung bis zum Budgetentwurf im Oktober ausgeht, ist also offen. Viel Zeit bleibt Türkis-Grün allerdings nicht mehr, sollte die Reform wirklich im ersten Quartal 2022 kommen: Neben einer Begutachtungsfrist muss das Paket auch National- und Bundesrat passieren.


Darüber hinaus gibt es im Klimabereich noch einige weitere Baustellen: Offen ist etwa die Novelle des seit Jänner ausgelaufenen Klimaschutzgesetzes. Der grüne Entwurf hat zuletzt für viel Gegenwind gesorgt. Weiter warten heißt es auch auf die Liste klimaschädlicher Subventionen; wie auch auf den Klimarat der Bürgerinnen und Bürger.

Der Standard

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