Kein Strom für Elektroautos zu Spitzenzeiten

5. Oktober 2021

Welche Folgen für das Stromnetz hat es, wenn Hunderttausende Elektroautos am Abend fast gleichzeitig aufgeladen werden? In Großbritannien baut man vor und will das Laden zu Spitzenzeiten verhindern. @LR von Norbert Rief

Ab 2035 sollen in der EU keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die von einem Benzin- oder Dieselmotor angetrieben werden. Sehr wahrscheinlich ist das Zulassungsverbot nicht, weil es Einstimmigkeit erfordert und einige EU-Mitgliedstaaten schon eine Ablehnung des Vorhabens signalisiert haben.


Großbritannien dagegen, nicht mehr an EU-Vorgaben gebunden, geht in der Frage einen eigenständigen und vor allem schnelleren Weg. Schon 2030 will man dort nur noch Neuwagen zum Verkehr zulassen, die abgasfrei angetrieben werden. Ende November vergangenen Jahres machte Premierminister Boris Johnson diese ehrgeizige Vorgabe und zog damit das Zulassungsverbot für Pkw mit reinem Verbrennungsmotor schon zum zweiten Mal vor: Zuerst von 2040 auf 2035 und jetzt auf 2030.


Was passiert aber, wenn es Hunderttausende Elektroautos gibt, die alle zur ungefähr gleichen Zeit geladen werden – nämlich beispielsweise am Abend, wenn die Menschen von der Arbeit nach Hause kommen? Auch wenn Stromanbieter meinen, die Netze würden die zusätzliche Belastung bewältigen können, baut man in Großbritannien schon jetzt vor: Ab Mai kommenden Jahres soll E-Autos der private Zugang zum Stromnetz zu Spitzenzeiten gekappt werden.
Wie die Londoner „Times“ berichtet, sollen neue Ladestationen an Wochentagen vom Werk aus zwischen acht und elf Uhr sowie zwischen 16 und 22 Uhr nicht funktionieren. Die Abschaltung würde den Plänen der Regierung zufolge für private Ladestationen und für Ladestationen am Arbeitsplatz gelten. An öffentlichen Ladestationen und an Schnellladesäulen auf Autobahnen würde weiterhin Strom fließen. Allerdings könnten die Netzbetreiber bei zu hoher Nachfrage den Ladevorgang an zufällig ausgewählten Ladestationen um bis zu 30 Minuten verzögern.
Besitzer von privaten Ladestationen könnten die vorgegebenen Abschaltzeiten ändern, wenn sie beispielsweise wegen Nachtschichtarbeit ihr Fahrzeug genau zu diesen Zeiten laden müssen. Unklar ist, ob in diesen Fällen andere Abschaltzeiten im Umfang von neun Stunden gelten.


Mit der Maßnahme will die Regierung verhindern, dass die Netze wegen zu großer Belastung zusammenbrechen. Die Sorge vor einem Blackout sei groß.

Einfahrverbot für Garagen. Eine weiter Hürde für E-Autos könnte sich bei Tiefgaragen auftun. Immer wieder gibt es Diskussionen, weil E-Autos im Fall eines Brandes schwieriger zu löschen sind. Im deutschen Kulmbach gab es deshalb für einige Zeit sogar ein Einfahrverbot für E-Autos und Autos mit Hybridantrieb in öffentliche Tiefgaragen, das mittlerweile wieder aufgehoben wurde.


In Tirol sorgte 2019 der tagelange Brand eines E-Autos für Schlagzeilen. Erst als die Feuerwehr das Elektrofahrzeug mehrere Tage in einem Wassercontainer versenkte, konnte der Brand gelöscht werden.

Die Presse am Sonntag

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