Gasspeicher auf historisch niedrigem Stand

20. Dezember 2021, Berlin

Netzbetreiber mobilisieren Reserven. EU-Kommission mahnt Kooperation der EU-Staaten an.

Die Reserven der Gasspeicher in Deutschland bewegen sich auf niedrigem Niveau. Der Füllstand habe „die 60-Prozent-Marke unterschritten“, sagte Sebastian Bleschke, Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (INES), dem Handelsblatt. In der Initiative haben sich die Betreiber von Erdgasspeichern zusammengeschlossen.
Mit einem Füllstand von derzeit rund 59 Prozent bewege man sich im Vergleich zu den Vorjahren auf einem „historisch niedrigen Stand“. Im Moment sei eine starke Inanspruchnahme der Speicher zu beobachten. Es werde deutlich mehr aus- als eingespeichert. „Da der eigentliche Winter noch bevorsteht, sollte mit den vergleichsweise niedrigen Speicherreserven sicherlich sorgsam umgegangen werden“, sagte Bleschke. „Wenn die Ausspeicherung so fortschreitet wie im Moment, wird der Speicherstand im Februar sehr niedrig sein“, warnte der INES-Geschäftsführer.


Um einem Engpass im Februar vorzubeugen, hat die Trading Hub Europe GmbH eine Sonderausschreibung für die Beschaffung von Erdgas gestartet, das im Februar zur Verfügung stehen soll. Die Sonderausschreibung endet am Freitag. Gesellschafter der Trading Hub Europe sind verschiedene Ferngasnetzbetreiber. Das Unternehmen ist Träger der Marktgebietsverantwortung für Deutschland und muss dafür sorgen, dass Erdgasangebot und Erdgasnachfrage kontinuierlich ausbalanciert werden.


Anders als im Ölmarkt gibt es im Gasmarkt keine staatlich vorgeschriebene Bevorratung. Die Nutzung der Gasspeicher folgt vielmehr allein den Erfordernissen des Marktes. Die Sonderausschreibung stellt einen marktkonformen Mechanismus zur Sicherstellung der Gasversorgung dar.


Ob sich allerdings Bieter finden, die bereit sind, eine Lieferverpflichtung für Februar einzugehen, muss sich erst noch erweisen. Die Beschaffung werde angesichts der aktuellen Marktlage „sicher herausfordernd“, sagte INES-Geschäftsführer Bleschke. Das Bundeswirtschaftsministerium nannte die Sonderausschreibung einen „üblichen Vorgang“.


Das Thema treibt auch die EU-Kommission um, die am Mittwoch eine Reihe von Gesetzesvorschlägen zur Dekarbonisierung des Gasmarktes vorlegte. Darin enthalten sind auch Maßnahmen, um zukünftige Gasversorgungskrisen zu verhindern. Den Vorschlägen der Kommission zufolge sollen die Mitgliedstaaten die Füllung ihrer Gasspeicher miteinander koordinieren und zusätzlich die Möglichkeit haben, auf freiwilliger Basis gemeinsame Gasreserven anzulegen.


Konkret sollen die Regierungen ihre Speicherkapazitäten stets im Blick haben sowie potenzielle Risiken im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit. Wenn Risiken erkannt werden, müssen sie handeln und die Läger füllen.


Zu Beginn der Heizperiode sollen die Länder außerdem sicherstellen, dass ihre Speicher auf einem hohen Niveau gefüllt sind. „Je mehr Gas sich im Lager befindet, desto besser kann die EU Gaslieferengpässe überbrücken“, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson bei der Vorstellung des Gesetzespakets.


Außerdem will die Behörde ein Limit für langfristige Gasverträge festlegen: Diese sollen nicht über 2049 hinaus verlängert werden können. Im Jahr 2050 will die EU klimaneutral sein, ergo aus allen fossilen Energieträgern ausgestiegen sein, also auch Gas. Eva Fischer, Klaus Stratmann

Handelsblatt

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