Gasspeicher füllen sich langsam, aber neuerdings wieder stetig

7. Juli 2022, Wien

Regierung berät mit Experten, ob angestrebte Speicherstände von 80 Prozent ohne Zusatzmaßnahmen bis Oktober erreichbar sind

Vergangene Woche gab es einigermaßen Verwirrung, warum die Befüllung der Gasspeicher viel langsamer vorankam als die Tage davor. Am Freitag etwa gingen netto weniger als 100 Gigawattstunden (GWh) Gas in die Kavernen, um gut zwei Drittel weniger als im Junischnitt mit mehr als 300 GWh pro Tag.

Wenn die Einspeicherung von Gas in dem Tempo weitergeht wie jetzt mit knapp 0,4 Prozent Zuwachs des Füllstands pro Tag, könnte es sich bis Beginn der Heizsaison mit der angestrebten 80-prozentigen Befüllung ausgehen. Das, so meinen Experten, sei ein halbwegs guter Polster, um im Fall weiterer Gaslieferkürzungen über den Winter zu kommen. Bei einem Totalausfall wäre es dennoch ungemütlich.

Heute, Dienstag, berät die Bundesregierung in einem Krisengipfel mit Experten die Lage am Gasmarkt und mögliche weitere Schritte zur Sicherstellung hoher Speicherstände. Zurzeit sind Österreichs Gasspeicher im Schnitt zu 45,6 Prozent gefüllt. Die Spreizung ist aber enorm. Während die Gasspeicher der OMV zu 71,3 Prozent voll sind, ist der zur Gazprom-Tochter GSA gehörende Speicherteil in Haidach komplett leer. Durch ein Gesetz, das Anfang Juli in Kraft getreten ist, hat sich die Regierung nun erstmals ein Zugriffsrecht auf nicht genutzte Speicher im Land gesichert.

Das Problem bei Haidach: Der Speicher, dessen Ausbau von Gazprom vor gut 15 Jahren finanziert wurde, ist nicht an das österreichische Gasnetz angebunden, nur an das deutsche. Das soll sich nun ändern; ein Anschluss an das österreichische Netz ist aber erst für die Heizsaison 2023/24 realistisch, sagen Experten unter Hinweis auf Trassenfindung, Grundablösen etc.

Der Grund für die niedrigeren Einspeichermengen in der Vorwoche dürfte nach Einschätzung der Regulierungsbehörde E-Control in Italien liegen. Ein Grund sei der Wassermangel, der eine verstärkte Stromproduktion in Gaskraftwerken erforderlich machte. Ein anderer Grund seien vermutlich Zielvorgaben aus Rom für Gasreserven, die einige Händler vor Monatsende noch erfüllen mussten.

Unternehmen, die statt russisches anderes Gas nach Österreich bringen und hier nutzen, bekommen einen Teil der Mehrkosten rückerstattet. Das geht aus einer Aussendung des Klimaschutzministeriums am Montag hervor. Ziel ist es, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Die Maßnahme wurde im Rahmen des Gasdiversifizierungsgesetztes beschlossen und gilt bis Jahresende. 100 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Das in den österreichischen Speichern gelagerte Gas gehört privaten Händlern, die auf ihre Kosten und ihr Risiko Gas einlagern und verkaufen. Offenbar waren Abnehmer in Italien bereit, einen sehr hohen Preis für das Gas zu zahlen, deshalb haben sie den Zuschlag bekommen. Nur bei etwa einem Viertel des in Österreich gespeicherten Gases kann man sagen, dass dieses exklusiv für Kunden in Österreich eingespeichert ist. Energieversorger sind dazu verpflichtet, Haushaltskunden über einen gewissen Zeitraum versorgen zu können. (stro)

Der Standard

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