Deutscher Bund steigt bei kriselndem Versorger Uniper ein

22. Juli 2022, Berlin
Deutscher Staat steigt bei angeschlagenem Versorger Uniper ein - Düsseldorf, APA (dpa)

Das milliardenschwere Rettungspaket für den angeschlagenen deutschen Versorger Uniper steht. Der deutsche Staat stützt den angeschlagenen Gas-Importeur mit insgesamt 15 Mrd. Euro und steigt mit 30 Prozent bei Uniper ein, wie das Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf am Freitag mitteilte. Uniper ist durch die gedrosselten Gas-Importe des russischen Monopolisten Gazprom und die stark steigenden Preise in Schieflage geraten.

Nun bekommt Uniper weitere Kredite der Staatsbank KfW über 7 Mrd. Euro, um die sich täglich auftürmenden Verluste durch den teuren Einkauf von Gas anderswo auszugleichen.

Ab 1. Oktober können Uniper und andere Gasimporteure mit Erlaubnis der deutschen Regierung 90 Prozent der Ersatzbeschaffungskosten an die Kunden – Stadtwerke und große Industrieunternehmen – weiterreichen. Darauf hätten sich die Berliner Regierung, Uniper und der finnische Mehrheitseigner Fortum verständigt, hieß es in der Mitteilung. Eine Zerschlagung von Uniper, wie sie die Finnen in den Verhandlungen ins Gespräch gebracht hatten, ist vom Tisch.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in Berlin, die Gasimporteure könnten die höheren Einkaufspreise ab September oder Oktober an die Verbraucher weitergeben. Dafür solle es Anfang 2023 eine große Wohngeldreform geben, in der auch eine Heizkostenpauschale vorgesehen ist. Es solle verhindert werden, dass jemand vor eine unlösbare Situation gestellt werde, sagte Scholz. „You’ll never walk alone. Wir werden das tun, was erforderlich ist und so lange, wie das notwendig ist“, so Scholz. Im Zuge des Rettungspakets für den Energiekonzern Uniper soll es eine Umlage für Gaskunden geben. Scholz nannte eine Höhe von 2 Cent pro Kilowattstunde.

Der Staat zahlt 267 Mio. Euro für 30 Prozent an Uniper und zeichnet eine Pflichtwandelanleihe über 7,7 Mrd. Euro, die später in echtes Eigenkapital umgewandelt wird. Der Preis für die neuen Aktien liegt mit je 1,70 Euro bei weniger als einem Fünftel des Börsenkurses. Die Uniper-Aktie stieg zunächst um 4 Prozent auf 11 Euro, drehte dann aber ins Minus und verlor rund 14 Prozent auf 9 Euro. Damit kann der Staat – wie schon bei der Lufthansa-Rettung in der Coronakrise – von einer Erholung des Unternehmens später finanziell profitieren. Bis zu einer Höhe von 4 Mrd. Euro kann Fortum seine der deutschen Tochter gewährten Darlehen in Pflichtwandelanleihen tauschen. Fortum hatte eine weitere finanzielle Unterstützung von Uniper abgelehnt, womit das Unternehmen das Investmentgrade-Rating der Agentur S&P zu verlieren drohte.

Insgesamt stehen Uniper damit 9 Mrd. Euro Kredite von der KfW zur Verfügung. Notfalls könnte die Staatsbank auch weiteres Geld nachschießen, wenn Uniper mit den Gaskäufen mehr als 7 Mrd. Euro Verlust machen müsste. Die EU-Kommission muss dem Rettungspaket noch zustimmen. Uniper muss zudem seine Aktionäre in einer außerordentlichen Hauptversammlung mit ins Boot holen. Sie müssen der rettenden Kapitalerhöhung zustimmen.

Fortum betonte, der Konzern bleibe auch nach dem Einstieg des deutschen Bundes Mehrheitseigner bei Uniper. Der Fortum-Anteil von derzeit noch 80 Prozent an Uniper werde bei der ersten Kapitalzuführung auf 56 Prozent verwässert. „Fortum bleibt damit Mehrheitsaktionär und wird Uniper weiterhin als Tochtergesellschaft konsolidieren“, betonte der Konzern, der mehrheitlich vom finnischen Staat kontrolliert wird. „Wir erleben eine noch nie dagewesene Energiekrise, die drastische Maßnahmen erfordert“, sagte Fortum-Chef Markus Rauramo. Für Fortum sei es auch wichtig zu unterstreichen, „dass die jetzt gefundene Lösung über die bereits (für Uniper) bereitgestellten acht Milliarden Euro hinaus kein zusätzliches Kapital von Fortum erfordert.“

APA/dpa/ag.

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