Neue EU-Regeln. Der Wald wird besser geschützt und soll sich ausbreiten. Das bedingt auch eine Grenze für die Verwertung als Brennmaterial, befindet das Europaparlament.
Öl ist schädlich, Gas und Strom sind teuer. Deshalb steigen viele Haushalte gerade wieder auf Holzöfen um. Das Verständnis für eine Debatte in der EU über den Schutz der europäischen Wälder und die Frage, ob Holz weiterhin als erneuerbare Energie gefördert werden darf, ist deshalb sowohl bei Forstwirten als auch bei nationalen Politikern nicht besonders groß. Für sie kommt die Debatte darüber, ob das Heizen mit Holz klimaneutral ist, zur Unzeit. Immerhin speichern Wälder Treibhausgase und tragen zum Klimaschutz bei.
Die EU-Abgeordneten nahmen das Thema dennoch auf die Tagesordnung. Am Dienstag stimmten sie für einen besseren Schutz der Wälder im Rahmen der EU-Waldstrategie und für die Neupflanzung von drei Milliarden Bäumen. Am heutigen Dienstag soll im Rahmen der Erneuerbare-Energie-Richtlinie darüber befunden werden, ob und in welchen Mengen Holz noch als Brennstoff gefördert werden darf.
Als „geradezu paradox“ bezeichnete der FPÖ-Europaabgeordnete Roman Haider den Vorstoß. Denn damit werde „die Energieversorgung der EU-Staaten gerade in einer extrem sensiblen und angespannten Situation weiter gefährdet“. Doch der zwischen den großen Fraktionen (EVP, Sozialdemokraten und Liberale) gefundene Kompromiss wird längst nicht so weit gehen, wie die Forstwirtschaft und Betreiber von Biomasse-Anlagen befürchteten. Er sieht vor, dass Primärholz (direkt aus dem Wald geschlägertes Holz) in derselben Menge wie bisher verheizt und als erneuerbare Energie gefördert werden darf. Anders als zuvor befürchtet, soll auch Schadholz nach wie vor zu Heizmaterial verarbeitet und gefördert werden können. Dem großen Ausbau von Holz- und Biomasse-Anlagen wird allerdings ein Riegel vorgeschoben. Insbesondere zur Elektrizitätsgewinnung soll dieser Rohstoff nicht mehr genutzt werden.
Als „vernünftig“ bezeichnet der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz den Kompromiss. Er hätte sich freilich bei der Waldstrategie strengere Regeln gegen die industrielle Nutzung des Waldes über Kahlschläge gewünscht. Denn für den Klimaschutz wären Mischwälder, die selektiv und damit teurer bewirtschaftet werden müssten, besser. Der Umweltsprecher der ÖVP-EU-Abgeordneten, Alexander Bernhuber, stellte zur Abstimmung über die Erneuerbare-Energie-Richtlinie klar: „Biomasse spielt gerade in Österreich eine wichtige Rolle bei den Erneuerbaren und somit für den Klimaschutz. Daher werden wir der Richtlinie nur zustimmen, wenn Biomasse weiterhin als erneuerbar angerechnet werden kann.“
Pestizide auf der langen Bank
Russlands Überfall auf die Ukraine stellt nicht nur die europäische Energiewirtschaft auf die Probe, sondern auch die EU-Agrarpolitik — die eigentlich die Devise „Klasse statt Masse“ ausgegeben hat und sich nun mit einer kriegsbedingten Nahrungsmittelknappheit samt horrenden Preissteigerungen konfrontiert sieht. Vor diesem Hintergrund will die Union ihre im Prinzip befürwortete Reduktion der in der EU verwendeten Pestizide auf die lange Bank schieben. Nach Informationen der „Financial Times“ wird der Rat seine Beratungen über den von der Kommission im Juni vorgelegten Gesetzesentwurf, dem zufolge der Einsatz der Pestizide bis 2030 halbiert werden sollte, auf unbestimmte Zeit vertagen. Nach Warnungen der Agrarwirtschaft, wonach die Umsetzung des Vorschlags erstens teuer wäre und zweitens die Erntemengen reduzieren würde, wolle das angesichts der momentanen Krise offenbar niemand politisch verantworten.
Die Presse