Ein Gas-Preisdeckel, der niemandem passt

28. November 2022, Brüssel

Dicke Luft beim Treffen der EU-Energieminister: Mehrere Maßnahmen blockiert

„Das ist ja wohl ein Witz“, ärgerte sich Polens Energieministerin Anna Moskwa am Donnerstag. Da war schon klar, noch ehe alle 27 EU-Energieminister zu ihrem Sondertreffen in Brüssel eingetroffen waren, dass es auch dieses Mal keinen Durchbruch auf der Suche nach niedrigeren Energiepreisen in Europa geben würde. Die Folge: Flugs wurde das nächste Treffen der Energieminister anberaumt – für den 13. Dezember.

Stein des Anstoßes für die heftigen Diskussionen unter den Energieministern war der vor zwei Tagen von der EU-Kommission vorgeschlagene Preisdeckel für Gasimporte. Ein solchen fordern vor allem Italien, Griechenland, Polen, Belgien, Spanien und Frankreich ein. Ihr Argument: Nur mit einer EU-weit festgesetzten Obergrenze für Gaseinkäufe seien die Gaspreise zu senken.

Was die EU-Kommission allerdings vorlegte, war ein Vorschlag, „der so entwickelt wurde, um zu garantieren, dass er nie angewendet wird“, argwöhnte die spanische Umweltministerin Teresa Ribera. Tatsächlich setzte die Brüsseler Behörde die Preisobergrenze für eine Megawattstunde bei 275 Euro fest – derzeit liegt der Preis bei rund 120 Euro. Und das ist immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Niveau des Vorjahres.

Auf der Bremse

Die Staaten, die auf einen tieferen Gaspreisdeckel beharren, stiegen deshalb gestern voll auf die Bremse. Sie ließen auch die anderen Maßnahmen „einfrieren“ – ein anderes Wort für Blockade – die eigentlich am Donnerstag verabschiedet hätten werden sollen:
Dazu zählt etwa die Einigung für den künftigen gemeinsamen Gaseinkauf in der EU. Zumindest 15 Prozent der Speichermengen sollen nächstes Jahr gemeinsam erworben werden. Durch die geballte Marktmacht der EU hofft man, niedrigere Einkaufspreise durchsetzen zu können. Dank der nun eingelegten Bremse hängen nun aber auch die Solidaritätsmaßnahmen in der Luft: Die EU-Staaten sollen verpflichtet werden, einander bei einer Notlage der Versorgung gegenseitig zu helfen. All diese Maßnahmen sollen erst angenommen werden, wenn sich die Energieminister endgültig bei einem Preisdeckel einig werden. Doch Deutschland, die Niederlande, aber auch Österreich sehen einen EU-weiten Preisdeckel mit Sorge. Befürchtet wird, dass es dadurch zu Versorgungsschwierigkeiten kommt.

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ließ am Abend mit der Aussage aufhorchen, dass Italien ohne EU die Energiekosten nicht mehr bewältigen könne. Der Staat gebe monatlich rund fünf Milliarden Euro aus, um die negativen Auswirkungen der hohen Energiekosten einzugrenzen.

Kurier

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