Sonne und Wind hängen Fossile ab

1. Feber 2023

Die Verstromung von Kohle nahm viel weniger zu als befürchtet. Stattdessen lieferten Solar- und Windkraft die meiste Energie – in diesem Punkt schneidet Österreich im EU-Vergleich schlecht ab.

Immer weniger Erdgas aus Russland, die niedrigste Stromerzeugung durch Wasser- und Atomkraft in über zwanzig Jahren: 2022 schien zum perfekten Umfeld für eine Kohle-Renaissance zu werden. Für jegliche Bemühungen, die Erderhitzung zu stoppen, wäre das ein fatales Signal gewesen – ist die Kohleverstromung doch die bei weitem klimaschädlichste Art der Energiegewinnung.

Neue Zahlen zeigen jetzt, dass zumindest das Worst-Case-Szenario abgewendet wurde. Der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung stieg trotz der Gaskrise um nur 1,5 Prozentpunkte. Damit sorgte die Kohlekraft 2022 für 16 Prozent der Energie in der EU – in den letzten vier Monaten war der Anteil noch etwas niedriger. Stattdessen profitierten Solar- und Windenergie: Zum ersten Mal lieferten sie mehr Energie als Erdgas. Das zeigt ein neuer Bericht des Thinktanks Ember zum europäischen Strommarkt, der heute, Dienstag, veröffentlicht wurde.

„Die Schocks von 2022 führten nur zu einer kleinen Zunahme bei der Kohlekraft, haben aber eine riesige Welle an Unterstützung für erneuerbare Energien ausgelöst“, sagt der Datenanalyst Dave Jones von Ember. Europa habe es geschafft, die schlimmsten Konsequenzen der Gaskrise zu vermeiden. Für Pieter de Pous vom Thinktank E3G gibt der Bericht Anlass zum Aufatmen. „Das viel beschworene Kohle-Revival ist nicht eingetreten.“

Solar-Nachzügler Österreich

Am stärksten sei die Energieproduktion aus Solarkraft gestiegen – sie legte um 24 Prozent zu. Das habe zehn Milliarden Euro an Gaskosten gespart, schreiben die Analysten. In zwanzig EU-Staaten stellte die Solarenergie neue Rekorde auf.

Österreich gehört allerdings nicht zu diesen Staaten. So blieb der Anteil der Solarkraft an der Stromproduktion hierzulande bei vier Prozent – und damit auf demselben niedrigen Niveau wie im Jahr davor. Nur Slowenien, Rumänien, Tschechien, die Slowakei und Schweden produzieren weniger Solarstrom, wie Ember aufschlüsselt. Klarer Spitzenreiter sind die Niederlande mit knapp 15 Prozent.

Österreich habe zwar eines der saubersten Stromnetze in der EU, doch das beruhe hauptsächlich auf der Basis, die durch die Wasserkraft geschaffen wurde, so der Ember-Analyst Jones. „Der Ausbau der Solar- und Windkraft wurde anders als in den meisten EU-Ländern nicht beschleunigt.“

Beim Kohleausstieg ist Österreich hingegen vorne dabei. Es zählt zu den wenigen EU-Staaten, die sich bereits davon verabschiedet haben – neben Österreich sind das Schweden, Portugal und Belgien.

Andere Staaten werden in den kommenden Jahren nachziehen. Das habe auch die Gaskrise nicht geändert, schreibt Ember in dem neuen Bericht. Zwar wurden 22 Millionen Tonnen zusätzlicher Kohle importiert, doch habe die EU nur ein Drittel davon verbrannt. „Staaten sind genauso ambitioniert, aus der Kohle auszusteigen, wie vor der Krise.“ Damit die Klimaziele erreicht werden können, müssen die Staaten diesen Ausstieg allerdings noch sehr viel mehr beschleunigen: Selbst der nur leichte Anstieg der Kohleverstromung ließ die Emissionen des europäischen Energiesektors im Vergleich zu 2021 um knapp vier Prozent klettern. Bis 2030 müssen sie aber – darauf haben sich die EU-Institutionen und die Mitgliedsstaaten geeinigt – im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent sinken.

Auch hatten die Kohleimporte, genutzt oder nicht, Folgen in den Herkunftsländern. So bauten sowohl Kolumbien als auch Südafrika ihre Kohleförderung aus, um den Brennstoff zu hohen Preisen unter anderem nach Deutschland zu verkaufen.

Erdgas teurer als Kohle

Mit Blick auf das heurige Jahr prognostiziert der Ember-Bericht, dass die Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen um rund 20 Prozent sinken wird. Die Kohleverbrennung werde zurückgehen – allerdings weniger stark als die von Erdgas. Denn es sei zu erwarten, dass Erdgas bis mindestens 2025 teurer sein werde als Kohle, erklärt Jones. Einen starken Zuwachs sieht er 2023 für die Erneuerbaren. „Der Wandel kommt schnell“, sagt er. „Alle müssen darauf vorbereitet sein.“

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