Europa hat sich mit dem Green Deal der Energiewende verschrieben. Die Umgestaltung hin zu nachhaltiger Energie schafft auch für Investoren nachhaltige Perspektiven.
Die Welt soll grüner, nachhaltiger und vor allem karbonfrei werden – das ist in wenigen Worten das erklärte Ziel des European Green Deal. Die grüne Energiewende bezeichnet Europas Übergang zu umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Praktiken in verschiedenen Branchen. So ein Unterfangen geht natürlich nicht von heute auf morgen und ist kostenintensiv. 1000 Milliarden Euro an grünen Investitionen und ein Übergangsfonds für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft – so sehen die Eckpunkte des Finanzierungsplans für den Green Deal aus.
Bis 2030 soll der Ausstoß von Treibhausgasen innerhalb der EU um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bis zum Jahr 2050 will die EU ihre Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null reduziert haben.
Dafür müssen viele Bereiche erneuert oder umgestaltet werden. Das schafft auch für Investoren viele Möglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ein Überblick, was hier dazugehört:
• Investitionen in erneuerbare Energien Der Ausbau von Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen bietet Investitionsmöglichkeiten. Wer es flapsig ausdrücken möchte: So lässt sich mit dem Ende von Kohle noch selbige erwirtschaften.
• Nachhaltige Technologien Die Entwicklung und Vermarktung von umweltfreundlichen Technologien wie Elektrofahrzeugen, die dazugehörende Infrastruktur, Energiespeichersystemen und energiesparenden Lösungen können die Kasse ebenfalls klingeln lassen.
• Nachhaltige Landwirtschaft Landwirtschaftsbetriebe, die auf ökologische Bewirtschaftung umstellen, und natürlich die Zulieferer derselben profitieren von steigender Nachfrage nach nachhaltig produzierten Lebensmitteln.
• Energieeffizienz Unternehmen und Haushalte suchen nach Wegen, Energie zu sparen. Dämmen ist hier neben Wärmepumpe und Co ein wichtiges Thema.
• Nachhaltige Immobilien Die Entwicklung und der Verkauf von „grünen Gebäuden“ mit niedrigem Energieverbrauchswert ist gefragt. Hier wird die Nachfrage wohl zunehmen.
Wer sich für diese Wertschöpfungskette – oder Teile davon – interessiert, findet auch rasch passende Unternehmen, die von der gestiegenen Nachfrage profitieren oder dadurch, dass sie neue Technologien vermarkten.
Zu den Unternehmen, auf die Investoren einen Blick werfen, gehört jedenfalls Alfen aus Holland. Wenn es um Elektromobilität geht, bewegt sich nichts ohne die entsprechende Lade-Infrastruktur – das ist genau der Sektor, in dem die Niederländer aktiv sind. Das 1937 gegründete Unternehmen produziert Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Energiespeicher und intelligente Stromnetze für Erneuerbare-Energie-Anlagen. Seit 2008 bietet Alfen Lösungen zur Automatisierung des Stromnetzes an, indem es seine Ladegeräte für Elektrofahrzeuge mit dem Internet verbindet. Seitdem haben sich die Möglichkeiten stark erweitert, und Trafostationen, Ladestationen und Energiespeichersysteme können aus der Ferne verwaltet werden.
Die Ausbaupläne der Regierungen lassen jedenfalls ein gutes Geschäft für die Niederländer erahnen. In Österreich soll es bis 2023 mindestens alle 25 Kilometer eine E-Ladestation geben. In Deutschland will die Bundesregierung die Zahl der E-Ladesäulen bis zum Jahr 2030 von aktuell 70.000 auf 1.000.000 erhöhen. Das Geschäft zieht also deutlich an. Im Vorjahr erwirtschaftete Alfen einen Umsatz von 439,9 Millionen Euro – 76 Prozent mehr als noch im Jahr davor mit 249,7 Millionen Euro. Das Ebitda hat sich im gleichen Zeitraum mit 79,4 Millionen Euro sogar mehr als verdoppelt (plus 115 Prozent). Auch für heuer erwartet Geschäftsführer Marco Roeleveld ein Umsatzplus von mindestens 23 Prozent auf 540 bis 600 Millionen Euro. Die Alfen-Aktie hat zwar während der vergangenen fünf Jahre um mehr als 125 Prozent an Wert zugelegt, im Vorjahr aber 60 Prozent verloren.
Ein anderes Feld, um in die Energiewende zu investieren, ist die Energieeffizienz. Denn veraltete Lager, Relais, Leitungen, Pumpen, Ventile, Elektromotoren und Getriebe in Industrieunternehmen kosten laut Experten bis zu 40 Prozent der verbrauchten Energie. Neben Siemens und ABB ist die französische Schneider Electric einer der großen Player in der Energieeffizienz. Die Aktie hat während der vergangenen drei Jahre um fast ein Viertel zugelegt. Die US-Bank JPMorgan hat den Aktien von Schneider Electric den Status „Positive Catalyst Watch“ verliehen.
Vom Winde verweht
Wenn es darum geht, Wind in Energie umzuwandeln, sind die Dänen weit voran. Das zeigt das Unternehmen Vestas Wind Systems, der größte börsennotierte Anbieter von Windkraftanlagen. Das Unternehmen ist zwar nicht so umsatzstark wie der Konkurrent Siemens Energy, hat aber einen stärkeren Fokus auf erneuerbare Energien, insbesondere Windenergie. Die Marktkapitalisierung von Vestas ist mehr als doppelt so hoch als jene von Siemens Energy. Mit den Quartalszahlen konnte Vestas zuletzt ebenfalls überzeugen. Von Juli bis September legte der Umsatz um elf Prozent auf knapp 4,4 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich verdiente Vestas in den drei Monaten bis Ende September 28 Millionen Euro nach einem Minus von 147 Millionen Euro vor einem Jahr. Der Auftragseingang für den Bau von Windkraftanlagen zog um 138 Prozent auf 4,5 Gigawatt an.
Der Wind wird auch Bares in die Kassen der Anleger wehen: Goldman Sachs hat zwar das Kursziel für Vestas zuletzt ein wenig gesenkt, den Titel aber auf der Einkaufsliste belassen. Das lässt auf unerschöpftes Kurspotenzial hoffen.
Bis zu diesem Jahr will die Europäische Union ihre Emissionen auf null gesenkt haben.