Heimischer Windkraft droht wieder die Flaute

12. Jänner 2024, Wien

Der Windkraftausbau ist im Vorjahr besser gelaufen als in den Jahren davor. Warum es für die Stromwende dennoch nicht reicht.

In Oberösterreich soll demnächst ein großes Windkraftprojekt zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht werden. Die betroffenen Gemeinden haben im Dezember grünes Licht für die Erweiterung des Windparks Kobernaußerwald gegeben. Ob es durchgeht, ist offen, nachdem das Bundesland seit zehn Jahren nur drei Windräder genehmigt hat. In Kärnten wurde im September der erste Windpark überhaupt eröffnet – mit acht Windrädern mit 26 Megawatt (MW) Gesamtleistung. In Niederösterreich bzw. im Burgenland wurden 2023 ohne großes Aufheben 43 bzw. 23 Anlagen mit 228 bzw. 90 MW Leistung aufgestellt. In der kleinen obersteirischen Gemeinde Gaal hat die Bevölkerung dagegen einen Windpark der Verbund AG mit großer Mehrheit verhindert.

Das sind nur einige Beispiele, wie unterschiedlich mit Windstrom in Österreich umgegangen wird. Der Ausbau lief mit 70 neuen Anlagen mit 331 MW (abzüglich der abgebauten Anlagen 60 und 312 MW) im Vorjahr besser als in den Jahren davor und besser als prognostiziert.

Aus Sicht des Branchenverbandes IG Windkraft geht es aber nach wie vor zu langsam. Die neuen EU-Vorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energie (RED III) böten Österreich viel mehr Spielraum, um den Ausbau zu beschleunigen, argumentiert Verbands-Geschäftsführer Stefan Moidl am Mittwoch. In der Praxis erwartet er aber 2024 einen „Dämpfer“ für die Windkraft. Als Folge des Förder-Stop-and-go früherer Jahre und der langen Verfahren würden heuer nur 24 neue Anlagen mit 124 MW gebaut und elf ältere ersetzt.

Laut Moidl könnte Österreich Windkraft viel stärker einsetzen als im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) oder im umstrittenen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) bisher vorgesehen und sollte die Ziele anheben. „Wir haben ein enorm hohes Potenzial“, sagt er. Berechnungen des Branchenverbandes zufolge könnten bis 2030 rund 18 Terawattstunden (TWh) Strom aus Windkraft dazukommen – mehr als doppelt so viel wie im EAG vorgesehen. Ende 2023 waren 1426 Windräder am Netz, die neun TWh Strom erzeugt und zwölf Prozent des heimischen Verbrauchs gedeckt haben. Zwei Drittel des Windstroms werden im Winterhalbjahr erzeugt.

Die jüngsten Verbesserungen durch die im Vorjahr in Kraft getretene Novelle des UVP-Gesetzes werden Moidl zufolge erst nach und nach spürbar. Sie enthalte viele gute Punkte, ändere aber nichts am Problem insgesamt, dass die Verfahren noch immer sechs bis sieben Jahre dauerten. Zudem erschwere die Detailverliebtheit der Behörden die Umsetzung: „Früher hatte der Bescheid für einen großen Windpark 30 Seiten, heute sind es für ein Repowering 300 Seiten.“ Alles sei darin enthalten, bis zu den genauen Windrad-Typen, die später beim Baubeginn oft nicht mehr verfügbar seien, was neue Probleme bereite.

Wie die gesamte Strombranche hoffen auch die Windkrafterzeuger auf eine klare Energieflächenwidmung der Bundesländer sowie das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das bald in Begutachtung gehen soll. Stefanie Markut, Vorständin der WEB Windenergie, einer Pionierin für Windstromausbau, sieht hier Deutschland als beispielgebend. Dort müssen die Länder bis 2023 zwei Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete ausweisen.

Schließlich wünscht sich Moidl eine Anpassung bei der verpflichtenden nächtlichen Beleuchtung der Windräder. Ähnlich wie in Deutschland oder Holland sollten die roten Lichter nur dann blinken, wenn sich Flugobjekte im Luftraum befinden. Eine entsprechende Novelle des Luftfahrtgesetzes liegt seit Monaten vor, die Koalition hat sich aber noch nicht geeinigt.

von Monika Graf

Salzburger Nachrichten

Ähnliche Artikel weiterlesen

Stromwende geht sich nicht aus

15. Feber 2023, Wien

Wenig Wind: Anteil von Strom aus Erneuerbaren lag 2021 nur bei 71 Prozent

12. Oktober 2022

Das kaputte Gaspedal der Energiewende

24. Jänner 2022

Gelingt die grüne Stromwende?

29. September 2021