Endspurt für die Energiewende

20. Feber 2024

Klimaschutz. Zentrale Energiegesetze sind nach wie vor offen – und manche, wie das Klimaschutzgesetz, werden wohl kaum das Licht der Welt erblicken. Was ist der Zwischenstand – und wie stehen die Chancen?

Wasserkraft, Windkraft und Sonnenstrom statt Öl, Gas und Kohle: Die Energiewende hat längst Fahrt aufgenommen, auch wenn sie noch lange nicht auf Schiene ist. Denn dafür fehlen noch immer zahlreiche Gesetze und Regulierungen. Aber was ist aktuell ausständig – und welche Chancen bestehen auf eine Umsetzung durch Türkis-Grün? Ein Überblick.
Grüngasgesetz Das Biogasgesetz ist Teil der Strategie, aus russischem Gas auszusteigen. Ziel ist ein Hochfahren der (klimaneutralen) Biogasproduktion in Österreich, der Gewessler-Entwurf will 7,5 Prozent des aktuellen Gasbedarfs bis 2030 mit heimischen Biogas decken und die Gaskonzerne zum Beimischen verpflichten. Aktuell hängt das Gesetz an einem ÖVP-internen Streit von Bauernbund (wollen das Gesetz haben) gegen Wirtschaftsbund (fossile Unternehmen wollen das nicht). Sollte eine türkis-grüne Einigung gelingen, bräuchte die Regierung dann noch die FPÖ oder die SPÖ, da eine Verfassungsmehrheit benötigt wird.

Ökostromturbo-Gesetz Das EABG (Erneuerbaren Ausbau-Beschleunigungsgesetz) soll die Genehmigungsverfahren beim Ausbau Erneuerbarer Energie und der Energienetze verkürzen und Hürden beseitigen. Angekündigt hat es Vizekanzler Werner Kogler, wie das Biogas-Gesetz, Anfang 2023 nach einer Regierungsklausur. Den Gesetzesentwurf hat Gewessler dem Finanzministerium (BMF) vergangenen Montag übermittelt. Ein Beschluss des umfangreichen Gesetzes in dieser Legislaturperiode wäre eher eine Überraschung.

Klimaschutzgesetz Das KSG soll festlegen, wie viel Treibhausgas Bund und Länder pro Jahr verbrauchen dürfen. Das soll garantieren, dass Österreich bis 2030 48 Prozent CO₂ im Vergleich zu 1990 einspart – wie in den EU-Klimazielen vorgesehen. Gelingt das nicht, könnten Strafzahlungen in Milliardenhöhe folgen. Die alte Fassung des KSG ist 2020 ausgelaufen. Zwar steht das Gesetz im Koalitionsabkommen, doch es gilt als zweifelhaft, dass die ÖVP noch zustimmt. Zentraler Zankapfel sind die sogenannten „Sektorziele“ – also etwa verbindliche Sparvorgaben für den Verkehrssektor oder die Landwirtschaft. Möglicher Kompromiss: ein schwaches KSG ohne Verbindlichkeit.

Klimaplan 2030 Bis Juni muss der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) an die EU-Kommission geschickt werden. Derzeit laufen Verhandlungen innerhalb der Ministerien, wie die fixierten minus 48 Prozent Treibhausgase erreicht werden sollen. Das Streitpotenzial ist hoch, eine Einigung auch auf neue Maßnahmen soll im Bereich des Möglichen sein.

Elektrizitätswirtschaft Österreichs Stromnetze sind vielerorts nicht robust genug, um überschüssigen Sonnenstrom einzuspeisen. Gewessler gab den Landesenergieversorgern die Schuld am langsamen Netzausbau, diese kritisierten wiederum die Gesetzeslage. Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) soll das Problem bundesweit richten – und neun Landesgesetze ersetzen. Der Entwurf ist seit Jahresbeginn in Begutachtung. Plan: Regionale Verteilernetzbetreiber müssen künftig zehnjährige Ausbaupläne vorlegen. Wollen Betreiber Strom einspeisen, muss das künftig zudem in einem gewissen Zeitraum ermöglicht werden. Für das ElWG ist aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat nötig. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zeigt sich bisher kooperativ. Schwieriger, aber nicht unmöglich, scheint eine Einigung mit der SPÖ.

CO₂ vergraben Seit 2011 ist Carbon Capture and Storage (CCS) – also die Speicherung von CO₂ im Boden – in Österreich verboten. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), auch für Bergbau zuständig, will das ändern. Experten halten CCS als ergänzende Maßnahme für sinnvoll, fordern aber auch eine strenge Überwachung, ob das CO₂ tatsächlich unter der Erde bleibt. BMF und BMK erarbeiten bis Mitte 2024 eine Strategie für die CO₂-Speicherung. Erst nach Aufhebung des Verbots sei es sinnvoll, über mögliche Lagerstätten zu diskutieren, betont das BMF. Und, wird CCS legal? Eher nicht. Der Evaluierungsbericht befindet sich laut BMF „in der abschließenden Behandlung“, doch Gewessler habe „bisher das Einvernehmen nicht hergestellt“. Um die Klimaziele zu erreichen, müsse man alle Technologien berücksichtigen, sagt Brunner: „Auch das Speichern, Transportieren und Wiederverwerten von CO₂ muss möglich sein.“ Zentral ist, dass CCS nur für prozessbedingtes („geogenes“) CO₂ angewendet wird.

Geothermie – MinRoG Wenn unter einem Privatgrund Öl oder Gas gefunden wird, gehört es dem Staat, nicht aber wenn heiße Quellen (Geothermie) entdeckt werden. Das verzögert den Bau von großen Geothermieanlagen. Eine Änderung des Mineralrohstoffgesetzes muss der dafür zuständige Finanzminister Magnus Brunner erst noch vorlegen.

Kurier

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