Auch im Jänner fast nur Gas aus Russland

12. März 2024

Fehlende Diversifikation. Der Anteil an russischen Gasimporten sank von Dezember auf Jänner minimal. Warum das so ist – und wie es weitergehen soll

Neueste Daten zu Österreichs Gasimport belegen, dass der Ausstieg aus russischem Gas in weiter Ferne bleibt. Was man dazu wissen muss:
Was belegen die neuesten Zahlen zum Gasimport?Im Jänner 2024 kamen 97 Prozent der Importe aus Russland, im Dezember davor 98 Prozent. Belegbar ist das durch den Zu- und Abfluss an den Grenzen.

Was sagen die großen Gaskonzerne wie Wien Energie, EVN oder Oberösterreichs Energie AG dazu?Diese weisen jede Verantwortung zurück. Gegenüber dem KURIER hieß es: Man habe „keine direkten Handelsbeziehungen zu Russland“ und sei auch kein Gas-Importeur. Gas werde üblicherweise vollständig am österreichischen Markt bezogen und man handle in Österreich, Deutschland und Holland Gasmengen und nicht nach Herkunft des Gases.

Gibt es keinen Herkunftsnachweis?Die EVN erklärte dazu: Beim Strom gebe es ein etabliertes, eindeutiges Zertifizierungssystem, am Gasmarkt nicht – jedenfalls keines, das auch überprüfbar sei. Sinnvoll wäre ein europaweites Zertifizierungssystem, bei dem nicht nur die Gasherkunft, sondern auch jene von Wasserstoff und Biomethan ausgewiesen wird, an das sich alle halten müssen und das außerdem klarstellt, welche Qualität ein Herkunftsnachweis haben müsse.

Wie will Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Gas-Ausstieg vorschreiben?Ihr Ressort arbeitet an einer „Gas-Diversifizierungspflicht“, die die Energieversorger zum Ausstieg verpflichten soll. Das Gesetz braucht wohl eine Verfassungsmehrheit und damit die Zustimmung von ÖVP sowie SPÖ oder FPÖ. Die FPÖ ist dagegen. Die ÖVP will den Gesetzesentwurf abwarten. Auch die SPÖ wartet auf einen Vorschlag, erst dann könne man Gespräche führen.
Wie viel Geld bekommt Moskau durch Gasexport aus Österreich?2023 gab Österreich 5,1 Milliarden Euro für Gas aus. Davon flossen rund 3,7 Milliarden nach Russland, wie Berechnungen der Neos auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigen. 2022 erhielt die russische Gazprom gar 7,4 Milliarden Euro.

Will die Ukraine ab 2025 kein Russen-Gas mehr durchleiten?Das hat der ukrainische Energieminister German Galuschtschenko zuletzt bekräftigt, der sich im Interview mit dem KURIER am Sonntag ausführlich dazu äußern wird. 2025 läuft der Transitliefervertrag mit der Gazprom aus. Europäische Firmen können die Pipeline-Kapazitäten alternativ selbst buchen.

Verbraucht Österreich grundsätzlich weniger Gas?Ja, das hat mehrere Gründe: Dieser Winter war nicht sehr kalt, die Gasspeicher sind zu 75 Prozent voll. Auch die Industrie benötigt wegen der schwächelnden Konjunktur weniger Gas.
Kostet nicht-russisches Gas mehr im Einkauf?Russisches Gas ist an der Börse ähnlich teuer wie nicht-russisches. Dass zweiteres Energieunternehmen im Einkauf etwas teuer kommt, liegt unter anderem an der wohl EU-rechtswidrigen Gasspeicherumlage, die Deutschland einhebt – und Gewessler bisher vergeblich bekämpft.

Welche Rolle spielt die OMV am Gasmarkt?Die teilstaatliche OMV hat langfristige Lieferverträge mit der Gazprom bis 2040, deren Inhalte nicht bekannt sind. Viele Landesversorger haben wiederum langfristige Verträge mit der OMV.
Woher kommt das Erdgas, wenn nicht aus Russland? Aus den USA, Norwegen oder Staaten wie Algerien und Libyen, die demokratisch ähnlich unterentwickelt sind wie Russland.

Warum ist anderen europäischen Staaten der Ausstieg aus russischem Gas besser gelungen?Deutschland hat anders als Österreich Meereshäfen, wo Flüssiggas-Tanker anlegen können. Tschechien steckt als Binnenstaat in einer vergleichbaren Situation und bezog zuletzt aber nur noch 50 Prozent seines Gases aus Russland. Grund: Es sicherte sich frühzeitig mehr Flüssiggas.

Ist Österreich das einzige Land mit einer derart starken Abhängigkeit von russischem Gas?Die Slowakei und Ungarn sind noch abhängiger. Die Slowaken würde ein Ausstieg am meisten treffen. Daher überlegen sie auch, ein neues Atomkraftwerk zu errichten.

Was ist mit heimisch erzeugtem Biogas, welche Mengen können produziert werden? Geplant ist, etwa zehn Prozent des Erdgases durch Biogas bis 2030 zu ersetzen. Ein sehr ehrgeiziges Ziel, sagt die Biogasbranche.
Ist das Ziel, bis 2040 zur Gänze aus Erdgas auszusteigen? Ja. Es soll durch alternative Systeme (Induktionsherd, Wärmepumpe) in den Haushalten und alternative Energieträger (Biogas, Wasserstoff) in der Industrie ersetzt werden.

Kurier