Ohrfeige für regionales Leuchtturmprojekt

17. Juli 2024

Grüngasgesetz

Durch das Nicht-Zustimmen von SPÖ und FPÖ im Nationalrat zum Erneuerbaren-Gas-Gesetz wird eine Realisierung des Leuchtturmprojekts von Hubert Seiringer weiter verzögert.

Bezirk – Das Erneuerbare-Gas-Gesetz (EGG) hat die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament nicht erreicht. SPÖ und FPÖ haben dagegen gestimmt. Dabei wurde seit über einem Jahr über die einzelnen Punkte verhandelt. Hatte sich die FPÖ von Beginn weg gegen das Grüngasgesetz gestellt, weil es „zu viel Ideologie und zu wenig Ökonomie“ beinhalte, sagte FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger, so zeigte sich die SPÖ lange Zeit verhandlungsbereit. Letztendlich gab es trotzdem eine Ablehnung.

„Die SPÖ ist grundsätzlich für erneuerbares Gas. Und wir wollen weiterhin die Energiewende und den Ausstieg von russischem Gas. Aber unser Problem ist, dass den Preis dafür alle Gasabnehmer – auch die einzelnen kleinen Haushaltskundinnen und -kunden sowie Klein- und Mittelbetriebe – zahlen müssen und nicht jene Großbetriebe, die dadurch ihren grünen Fußabdruck verbessern würden und so einer Strafe entgehen“, erklärt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll gegenüber der NÖN seinen Hauptkritikpunkt und führt auch an, dass selbst die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung sowie auch die Arbeiterkammer zuvor vor hohen Kosten gewarnt hätten.

Kritik aus der Heimat gegenüber Schroll

Dafür setzt es für den Ybbser Nationalratsabgeordneten aus seiner Heimatregion heftige Kritik. Denn gerade die Gemeindeumweltverbände der Bezirke Scheibbs und Melk sowie zahlreiche Unternehmen, Landwirte und Privathaushalte warten sehnsüchtig auf das EGG. Denn dieses ist eine Grundvoraussetzung für die Realisierung des behördlich bereits voll genehmigten Leuchtturmprojekts von Hubert Seiringer in Wieselburg-Land.

Dort soll aus Reststoffen wie Bioabfall, Maisstroh und Stallmist mit modernster Technologie klimaneutrales Gas erzeugt werden. Die dafür erforderlichen Reststoffe werden durchschnittlich weniger als zehn Kilometer transportiert. Das produzierte Gas kann nach einer Aufbereitung als Grünes Gas direkt in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden. Bis zu 7.000 Haushalte könnten mit der geplanten Anlage mit Grünem regionalen Gas versorgt werden. Parallel dazu sollten in der neuen Anlage auch wertvoller und nahezu geruchsfreier Biodünger für die Landwirtschaft und weiterhin hochwertiger Kompost für die Gärten in der Region produziert werden.

Seiringer: „EGG schafft gleiche Voraussetzungen“

Sollten, denn durch die Ablehnung des EGG im Parlament ist die Wirtschaftlichkeit des Projektes gefährdet. Immerhin geht es hier um eine Investition im deutlich zweistelligen Millionenbereich. „Das EGG hätte Energieversorger gezwungen, einen bestimmten Anteil an erneuerbarem Gas einzubringen. Aktuell beläuft sich das bis 2030 ohnehin nur auf 8 Prozent. Aber damit hätten Energieversorger gleiche Voraussetzungen zu erfüllen gehabt und mit Produzenten von Grüngas langfristige Verträge abgeschlossen und diesen somit eine wirtschaftliche Grundlage gegeben. Jetzt ist man als Produzent von Grüngas auf den Goodwill der Energieversorger angewiesen. Denn diese werden solche Lieferverträge nur abschließen, wenn es einen verpflichtenden Grüngasanteil gibt“, erklärt Hubert Seiringer im NÖN-Gespräch.

Schrolls Nein sei „schade und ärgerlich“

Seiringer zeigt sich besonders von Nationalratsabgeordnetem Alois Schroll enttäuscht. Denn dieser hätte sich einerseits bei der Präsentation des Projektes im Juli 2022 mit Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) für eine rasche Umsetzung des EGG ausgesprochen und als „brennender Unterstützer unseres Projektes“ in der Region deklariert. „Dass er dies nun ausbremst, ist sehr schade und ärgerlich. Offensichtlich sind wir bereits mitten im Wahlkampf. Dabei sollte gerade beim Thema Energiewende Parteipolitik keine Rolle spielen“, sagt Seiringer.

Rückschlag für die Modellregion

Kritik an Schroll kommt auch von den Gemeindeverbandsobleuten des GVU Scheibbs und Melk: „Seit Jahren arbeiten wir mit allen Gemeinden, vielen Unternehmern, Landwirten und Bürgerinnen und Bürgern aus den Bezirken Melk und Scheibbs an einer vorbildlichen Modellregion zur Kreislaufwirtschaft. Das schafft Unabhängigkeit auch für die Zukunft. Grünes Gas aus und für die Region hat dabei für uns alle eine ganz zentrale Bedeutung. Das Projekt von Hubert Seiringer wurde beim gemeinsamen Termin mit Schroll und Gewessler enorm positiv aufgenommen und die Wichtigkeit für die Region betont. Warum Schroll sich jetzt im Parlament gegen unsere Region stellt, ist nicht nachvollziehbar. Wir hoffen, es wird auch hier in Zukunft mehr über Parteigrenzen hinweg und für unsere Region gedacht“, betonen die Verbandsobleute und Bürgermeister Harald Riemer (Purgstall) und Martin Leonhardsberger (Mank, beide ÖVP).

Verärgert über das Scheitern des EGGs zeigt sich auch Anton Haubenberger. Er ist mit seinem Unternehmen Haubis einer von mehr als 100 regionalen Partnerbetrieben für das Seiringer-Projekt: „Ohne Gas gibt es kein frisches Brot und Gebäck. Mit diesem Projekt könnten wir endlich direkt vor der Haustür aus unseren betriebseigenen Reststoffen klimaneutrales und regional produziertes grünes Gas herstellen. Alle sprechen von Regionalität, aber wenn es darauf ankommt, ist oftmals in der Politik als auch in der Wirtschaft kurzfristiger Profit wichtiger. Dieses egozentrische Denken zerstört immer wieder positive Entwicklungen für die Menschen in Österreich, um unsere Zukunft langfristig abzusichern“, kritisiert Haubenberger.

Strasser: „Zeichen gegen heimische Landwirtschaft“

Kritik kommt auch von Bauernbund-Präsident und ÖVP-Nationalratsabgeordnetem Georg Strasser: „Wir haben dieses Gesetz wirklich lange verhandelt und dabei selbstverständlich die Situation der österreichischen Haushalte sowie der Klein- und Mittelbetriebe bedacht. Der Gesetzesentwurf enthält eine Kostenabfederung für etwaige Mehrkosten, die auch die Entlastung aller Haushalte sichergestellt hätte. Ob es überhaupt jemals zu Mehrkosten gekommen wäre, ist höchst ungewiss“, sagt Strasser, für den dieses Nein von SPÖ und FPÖ auch ein Zeichen gegen die heimische Landwirtschaft ist.

von Christian Eplinger

NÖN

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