Wasserstoff und die Energiewende

22. August 2024

Replik. Die Kritik an den Wasserstoffzielen der EU übersieht, wie viel Wasserstoffzur Energiesicherheit beitragen könnte.

Die Wasserstoffziele der EU seien unrealistisch und kostspielig, kritisiert der Gastkommentar „Wasserstoff und die falschen Lösungen der fossilen Lobby“ („Die Presse“, 5.8.) Diese Kritik verkennt aber den breiten Kontext: Die potenziellen Vorteile, die erneuerbare Energien in Kombination mit Wasserstoff für eine nachhaltige Energiezukunft bieten. Die Kritik übersieht das transformative Potenzial von Wasserstoff zur Erreichung der Klimaziele, zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.

Frühe Investitionen in Solar- und Windenergie stießen einstmals auf ähnliche Skepsis. Heute sind diese Technologien für den Energiemix essenziell. Durch Integration erneuerbarer Energien (Power-to-X) hilft Wasserstoff dabei, die Energiesicherheit zu erhöhen, Kosten für Abreglung zu verringern und ein widerstandsfähigeres Energiesystem zu etablieren.

Ein Win-win-Szenario

Es stimmt, dass die Produktion von grünem Wasserstoff aktuell begrenzt ist. Aber Solar- und Windenergie standen in ihren Anfängen vor ähnlichen Herausforderungen: hohe Kosten und begrenzte Produktionskapazitäten. Mit steigender Nachfrage wuchsen die Investitionen, Innovationen und Produktionskapazitäten. Grüner Wasserstoff befindet sich auf einem ähnlichen Weg.

Durch Partnerschaften mit Regionen wie Nordafrika diversifiziert die EU nicht nur ihre Energiequellen. Sie trägt auch zur globalen wirtschaftlichen Entwicklung bei. Solche Partnerschaften erhöhen die Energiesicherheit und unterstützen Entwicklungsländer bei ihrem Übergang zu sauberer Energie – ein Win-win-Szenario.

Mit fairen Handelsvereinbarungen, der Einbindung der dortigen Gemeinden und strengen Umweltstandards können erneuerbare sowie Wasserstoffprojekte so entwickelt werden, dass sie der lokalen Wirtschaft und gleichzeitig der Umwelt zugutekommen.

Subventionen sind essenziell

Unternehmen der fossilen Branchen bringen wertvolles Fachwissen und Infrastrukturen mit. Die Umnutzung bestehender Infrastruktur für die Wasserstoffproduktion ist ein pragmatischer, kosteneffizienter Ansatz.
Letztlich erfordert die Energiewende Fachwissen und Ressourcen aller systemrelevanten Player. Ohne Einbindung dieser würden sich Wasserstoffprojekte langsamer entwickeln. Das ist übrigens ein typisches Merkmal bei der Etablierung neuer Technologien. Deshalb sind frühe Pilotprojekte und öffentliche Investitionen entscheidend.
Subventionen sind also für die frühe Einführung neuer Technologien essenziell. Strategische Subventionen regen nämlich Innovationen und private Investitionen an. Sie führen letztlich zu einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft.

Es ist wichtig, das Potenzial von Wasserstoff als Teil einer umfassenden Energiestrategie zu erkennen. Deshalb sollten wir uns auf einen konstruktiven Dialog einlassen.

Bessere Zukunft für alle

Ein solcher Dialog ermöglicht die Etablierung einer nachhaltigen, demokratisch legitimierten und ambitionierten, aber nicht unrealistischen Energiewende. Wenn wir aus den Erfolgen der Vergangenheit lernen – sichtbar bei der steten Etablierung von Solar- und Windenergie –, können wir auch im Mix mit Wasserstoff unsere Klimaziele erreichen und eine bessere Zukunft für alle sichern.

Jorgo Chatzimarkakis ist CEO von Hydrogen Europe, dem führenden Verband der europäischen Wasserstofftechnologiebranchemit Sitz in Brüssel.E-Mails an: debatte@diepresse.com

von Jorgo Chatzimarkakis

Die Presse

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