92 Prozent des Strombedarfs aus heimischer Energie

17. Oktober 2024

Photovoltaikanlagen und Energiegemeinschaften boomen, die erforderlichen Förderungen für Ökostrom sinken. Trotz staatlicher Subvention tritt die Produktion erneuerbarer Gase auf der Stelle, zeigt die Inventur der E-Control.

Im vergangenen Jahr ist Österreich dem Ziel 2030 ein großes Stück näher gerückt. Bis dahin sollen heimische Energieerzeuger in der Lage sein, den landesweiten Strombedarf zur Gänze aus erneuerbaren Quellen zu decken – zumindest rechnerisch.

Praktisch wird bis dato weiterhin fossiles Gas benötigt, weil die natürlichen Ressourcen wie Wind, Sonne und Wasser Schwankungen unterliegen. 2022 konnte deren Stromproduktion noch bilanziell 78 Prozent des Jahresbedarfs decken, im Vorjahr bereits 92 Prozent, wie ein aktueller Bericht der Regulierungsbehörde E-Control zeigt. „Wir sind auf einem guten Weg“, zeigte sich Vorstand Alfons Haber am Dienstag vor Journalisten erfreut. Seit Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) vor drei Jahren wurde nicht nur der Monitoringbericht umgestellt, sondern auch neue Förderungen für Anlagenbetreiber ausgerollt. Und diese dürften erste Früchte tragen.

Demnach wurden im Vorjahr 3030 Megawatt (MW) neu installiert, rund 85 Prozent davon sind Photovoltaikanlagen. Deren erzeugte Strommenge hat sich damit binnen eines Jahres um knapp 56 Prozent erhöht. Zudem kamen 263 MW an Windkraftanlagen ans Netz, 43 MW durch Laufkraftwerke, sechs MW durch Biogas. „Der PV-Ausbau gibt nach wie vor den Ton an“, bilanziert Haber.

Verbrauch gesunken

Ist das also der Grund für den dramatischen Anstieg von 78 auf 92 Prozent erneuerbaren Stroms? Jein. Denn neben dem Erneuerbaren-Ausbau gibt es noch einen zweiten Grund für den hohen Prozentsatz: der heimische Stromverbrauch. Dieser ist im Vorjahr um 4,5 Prozent auf 67.674 Gigawattstunden (GWh) gesunken. Unternehmen wie Haushalte achten vermehrt auf ihre Energierechnung.

Um das anvisierte 100-Prozent-Ziel zu erreichen, gibt es neue Förderelemente im Rahmen des EAG, die jene des Ökostromgesetzes (ÖSG) zuerst ergänzen, später ersetzen sollen. „Das bisherige Förderregime ist geblieben für jene, die schon am Netz sind“, präzisierte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Dort bekommen Anlagenbetreiber von Ökostrom einen Fördertarif für jene Mengen, die ins öffentliche Netz eingespeist werden. Weil die Marktpreise in den vergangenen zwei Jahren derart in die Höhe schossen und so mehr auf den Märkten zu holen war, wurde weniger an die Abwicklungsstelle OeMAG abgeführt. Hinzu kommt, dass einige Anlagenbetreiber in das Förderregime des EAG wechselten.

Diese neue Förderschiene kommt für alle Erneuerbaren-Betreiber infrage, die neue Anlagen in Betrieb nehmen, alte revitalisieren oder deren Förderungen über das ÖSG auslaufen. Letzteres gilt vor allem für Biogaserzeuger, die im Vorjahr am meisten vom neuen Marktprämienfördermodell profitierten. 30 der 32 Millionen Euro, die vom Klimaschutzministerium über die EAG-Abwicklungsstelle im Vorjahr geflossen sind, gingen an Biogas- und Biomassehersteller. Hinzu kommen Investitionszuschüsse für Anlagenbetreiber, wo allerdings bislang nur Bruchteile der Anfragen final begutachtet wurden.

Stillstand bei Biogas

Der Großteil der staatlichen Mittel rollt aber nach wie vor über die alte Förderschiene zu den Stromerzeugern. Im Vorjahr waren es 152 Millionen Euro, historisch ein niedriger Wert. In Spitzenjahren waren es laut den E-Control-Vorständen bis zu 800 Millionen Euro. Einen Anteil an den weniger benötigten Fördermitteln hat auch der eingangs erwähnte PV-Ausbau. Vor allem jene, die Solarzellen für den Eigenbedarf anbringen, würden keine Förderung mehr brauchen, argumentiert Haber. Selbiges gilt auch für die steigende Zahl von Unternehmen, die sich in Form von Energiegemeinschaften unabhängiger machen. Gab es Mitte 2023 noch 364 solcher Zusammenschlüsse, stieg die Zahl bis zur heurigen Jahresmitte auf 1650 an. Weil es hier aktuell noch an verlässlichen Daten für eine gerechte Abrechnung fehlt, brauche es dringend Nachschärfungen, fordert Urbantschitsch die längst überfällige Novellierung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes.

Und auch einen zweiten Appell richten die E-Control-Direktoren an die künftige Regierung. Stichwort Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG), das jüngst zum wiederholten Male an der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat scheiterte. Denn im EAG ist auch ein Ausbauziel für erneuerbare Gase verankert, fünf Terawattstunden (TWh) sollen es bis 2030 sein.

Aktuell sind es 0,1 TWh. „Wir sehen hier wenig Dynamik“, moniert Haber. „Insbesondere bei Biomethan sehen wir, dass auf das EGG gewartet wird.“

Der Standard