Die Sonne alleine ist zu wenig

17. Oktober 2024

Weltweit steigt der Bedarf nach günstigem Strom. Doch neue Projekte werden weiterhin oft verzögert oder verhindert

Noch nie wurde in Österreich mehr Strom aus Wasser-, Wind- und Solarkraft erzeugt. Mit einer durchschnittlichen Jahresquote von 92 Prozent kann sich das Land beinahe schon vollständig selbst versorgen. Eine an und für sich gute Nachricht, doch der Teufel steckt im Detail. Denn im Winter werden weiterhin Gaskraftwerke benötigt, um den steigenden Bedarf zu decken. Der Rohstoff kommt noch immer teils aus Russland.

Österreich lebt punkto Energie vor allem von seiner Vergangenheit. Fast die Hälfte der Stromerzeugung stammt aus der Wasserkraft, die schon vor vielen Jahren massiv ausgebaut worden ist. Doch bereits in den 80er-Jahren wurde dagegen protestiert, wie in Hainburg, und das ist bis heute so geblieben – wie etwa zuletzt gegen das Grazer Murkraftwerk. Dazu kommen heutzutage überbordende und langwierige Umweltverträglichkeitsprüfungen, die jedes Projekt um Jahre verzögern. Mit rund 5.200 Wasserkraftwerken ist das Potenzial aber ohnehin schon ziemlich ausgeschöpft.

Auch die Windkraft erfährt viel Gegenwind. In Kärnten, wo es derzeit erst zehn Anlagen gibt, ist die Bevölkerung im Jänner dazu aufgerufen, mittels einer von der FPÖ initiierten Volksbefragung über ein Verbot von weiteren Windkraftanlagen abzustimmen. In Salzburg, Tirol und Vorarlberg dreht sich bis auf absehbare Zeit gar kein Radl. Dabei gäbe es in all diesen Bundesländern einiges an Potenzial. Doch vor allem der Landschaftsschutz hat noch immer Vorrang.

Der Boom bei privaten Photovoltaikanlagen ist leicht erklärt. Nicht der plötzlich aufgetauchte Hang zum Umweltschutz hat diesen ausgelöst, sondern relativ hohe Förderungen, neue und günstigere technische Lösungen, die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Energiepreise und nicht zuletzt die Furcht vor einem Blackout. Das Solarkraftwerk für daheim wurde quasi über Nacht zu einem Renner.

Doch der Energiebedarf klettert weiter, in Österreich und weltweit, schneller als je zuvor. Das liegt vor allem an den Schwellenländern wie China oder Brasilien. Der steigende Wohlstand führt zu einem höheren Verbrauch. Der auch von den technischen Umwälzungen getrieben wird, Stichwort Künstliche Intelligenz. Daher werden Erneuerbare Energien nicht ausreichen. Große Techkonzerne planen den Bau von Miniatomkraftwerken. Und auch in europäischen Ländern wie Frankreich und Slowenien steht der Bau weiterer atomarer Kraftwerke an, in Italien ist nach 30 Jahren ein Comeback geplant.

Nur Deutschland hat sich aus dem Atomzeitalter verabschiedet. Zu einem gewissen Preis, denn auch dieser Schritt hat zu steigenden Energiekosten im Nachbarland beigetragen. Wirtschaft und Wohlstand leiden darunter. Eine Form der Energiegewinnung per se abzulehnen, ist daher in den aktuell ökonomisch schwierigen Zeiten der falsche Zugang.

Kurier