„Der Klimabonus ist ein kleines bedingungsloses Grundeinkommen“

21. Oktober 2024, Linz

Steuerrechtsprofessor Daniel Varro über die Wirkung von Steuern beim Klimaschutz

Wenn man Produktion aus Österreich vertreibt, habe dies wahrscheinlich einen negativen Effekt beim Klimaschutz, warnt Daniel Varro im Interview, das die OÖN im Rahmen des Energietags in der Wirtschaftskammer mit ihm geführt haben. Varro ist Professor für Steuerlehre in Krems und war unter anderem stv. Kabinettschef im Finanzministerium.

OÖNachrichten: Ist mit dem Ende von Schwarz-Grün die Energiewende in Gefahr?

Daniel Varro: Das glaube ich nicht. Wir reduzieren schon seit 2005 unseren CO2-Ausstoß. Deshalb hängt das Thema nicht an einer einzelnen Regierung.

Die vergangenen fünf Jahre waren von einer ideologischen Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit geprägt. Wie kommt man wieder zu mehr Sachlichkeit?

Wir befinden uns in einem Trilemma zwischen Ökologie, Sozialem und Ökonomie. Leider gab es zuletzt keine Balance zwischen diesen drei Dingen.

War der Green Deal der EU richtig oder kontraproduktiv?

Von der Zielsetzung her war er richtig. Aber ob der Weg stimmt? Wenn man glaubt, die ökonomische Komponente vergessen zu können, liegt man falsch. Wenn man vergleicht, wie viel CO2-Emissionen man verbraucht, um eine Million Euro BIP (Bruttoinlandsprodukt) zu erwirtschaften, steht Österreich im Vergleich zu den meisten anderen Ländern sehr gut da. Wenn man also Produktion aus Österreich vertreibt und ins Ausland verlagert, läuft man Gefahr, dass die Produktion dort deutlich umweltschädlicher ist und man dafür in Österreich Wohlstand verliert. Das bedeutet, man sollte beim Green Deal stets auch das Soziale und die Ökonomie mitdenken. Diese Sensibilität fehlt mir beispielsweise beim Verbrennerverbot.

Wie ist es möglich, bis 2050 Europa klimaneutral zu machen, ohne dass es zum Museum verkommt?

In Uruguay zum Beispiel hat man die Menschen nicht mit dem Klimaschutz vom Klimaschutz überzeugt, sondern mit ökonomischen Argumenten. Wichtig wäre, dass Europa möglichst viel Wertschöpfung hierzu hat. Es bedürfte einer gemeinsamen Strategie, statt Geld für fossile Energieträger auf andere Kontinente zu überweisen.

Das war jetzt viel Konjunktiv. Österreich will schon 2040 klimaneutral sein. Ist das zu früh?

Man sollte es realistisch überdenken. Es geht ja auch darum, zu hinterfragen, mit welchem Mitteleinsatz man welche Ziele erreicht. Die Transformationskosten bis 2040 belaufen sich in Österreich auf 50 bis 70 Milliarden Euro. Die Unternehmen, die das machen und finanzieren sollen, können das mit ihrem jetzigen Eigenkapital und dem unsicheren Planungshorizont nur schwer stemmen.

Ist die CO2-Bepreisung das richtige Steuerungsmittel, um Emissionen zu senken?

Es ergibt einen ehrlichen Zugang. Aber wir haben ein Thema, weil nicht alle Abgaben zusammengefasst sind. Würde man etwa Mineralölsteuer und CO2-Abgabe miteinander darstellen, wäre transparent, dass man schon jetzt viel für CO2 bezahlt.

Soll man den Klimabonus sozial staffeln oder abschaffen, wie Wifo und IHS fordern?

Der Klimabonus ist ein kleines bedingungsloses Grundeinkommen, gestaffelt nach der Erreichbarkeit des Wohnorts. Ob es die richtige Methode zur Rückverteilung ist, ist eine politische Frage. Die Deutschen haben nur die Pendler, die arbeiten, entlastet und versucht, den Preis für Strom zu reduzieren.

Inwieweit kann man mit Umweltsteuern Verhalten steuern?

Besser als mit Verboten. Aber die Frage ist, ob Emissionszertifikate nicht noch besser sind.

Oberösterreichische Nachrichten