Energie aus nah und fern

5. November 2024

Fern- und Nahwärmenetze können einen Beitrag zur Energiewende liefern. Ein Augenschein in Oberösterreich zeigt: Es gibt bis dahin noch viel zu tun.

Wenn es um nachhaltige Energieversorgung geht, dann rückt das Thema Fernwärme immer stärker in den Fokus. Schon heute werden in Österreich 28,3 Prozent der Wohnungen mit Fernwärme versorgt, das sind 1,16 Mill. Haushalte. „Bis 2050 sollen weitere 500.000 Fernwärme-Haushalte dazukommen“, sagt Katalin-Andrea Griessmair-Farkas, stellvertretende Geschäftsführerin des Fachverbands Gas/Wärme.

Rund die Hälfte der zehn größten Städte Österreichs wird mit Fernwärme versorgt. Darunter ist auch Salzburg, das sein Fernwärmenetz gerade im Bereich Maxglan/Riedenburg ausbaut. Allerdings lückenhaft, was die Anrainer der nicht berücksichtigen Gebiete für Jahrzehnte im Unklaren über ihre künftige Energieversorgung lässt.

„In städtischen Ballungszentren ist Fernwärme das Mittel der Wahl“, betätigt hingegen Josef Siligan, Energievorstand der Linz AG, anlässlich eines Presse-Lokalaugenscheins. Fernwärme hat in der Industriestadt eine lange Tradition, hervorgerufen durch die jahrzehntelange extrem schlechte Luftqualität. Seit den 1970er-Jahren bemühte sich die Stadt, den sogenannten Hausbrand, der durch das Heizen mit Kohle und Öl verursacht wird, zurückzudrängen. Heute sind diese Heizformen kaum mehr zu finden, dennoch wird das Fernwärmenetz erweitert, auch für Objekte, die auf den ersten Blick dafür eigentlich nicht geeignet erscheinen. Etwa das neue Fußballstadion des Bundesligaclubs FC Blau-Weiß Linz. Vorteil der Lösung: Fernwärme ist hier eine einfache und platzsparende Lösung, die sich auch für ein so besonderes Projekt eignet. Denn das Stadion für mehr als 5000 Zuschauer ist quasi im ersten Stock untergebracht. Darunter befindet sich das Auslieferungslager eines benachbarten Möbelhauses.

Die Fernwärme ist kompakt im Keller des Gebäudes unter dem Fußballplatz und der Lagerhalle untergebracht. Eine Fußbodenheizung hält den Rasen frostfrei. Die Leistung entspricht mit 250 KW dem Bedarf von 250 Einfamilienhäusern, drei Übertragungsstationen sorgen für Heizung und Warmwasser auch im benachbarten Möbelhaus, den Büros und den Clubräumen.

Insgesamt gibt es in Linz 4000 Übergabestationen, ergänzt Gerfried Berger, Leiter Wärme & Kälte bei der Linz AG. Im 350 Kilometer langen Leitungsnetz wird 80 bis 130 Grad heiße Fernwärme transportiert. 70 Prozent der Bauten sind angeschlossen, das sind 90.000 Wohneinheiten. Pro Jahr kommen 2000 neue Wohnungen dazu. „Unser Ziel ist es, bis 2040 den Erneuerbaren-Anteil in der Fernwärmeerzeugung auf 100 Prozent zu steigern“, betont Vorstand Siligan.
Woher kommt die Wärme derzeit? In erster Linie durch eine Kraft-Wärme-Kopplung aus der Abwärme der Stromerzeugung. Ganz wesentlich ist auch das Reststoffheizkraftwerk, das aufbereiteten Abfall und Klärschlamm verbrennt und dabei Strom und Wärme erzeugt. 200.000 Tonnen an Abfall werden derzeit pro Jahr verbrannt. Die Fernheizkraftwerke Linz-Mitte und Linz-Süd werden mit Erdgas betrieben und dienen der Versorgungssicherheit im Winter. Linz-Süd ist zudem „schwarzstartfähig“, es kann also auch bei einem großflächigen Blackout ohne Strom von außen gestartet werden. Dazu kommen noch das Biomassekraftwerk für die Wintermonate und ein 2004 errichteter Fernwärmespeicher mit 35 Millionen Litern Speichervolumen zur Lastspitzenabdeckung.

Nächste große Investition wird der sogenannte „Wärmewandler“ mit einer Leistung von 150 GWh sein. „Das entspricht der Leistung von 10.000 Wärmepumpen“, rechnet Berger vor: „Dabei gewinnen wir Restwärme im Abgasstrom, der zu 25 Prozent aus Wasserdampf besteht. Den können wir durch Kondensation wiedergewinnen.“

Ein wesentlicher Schritt werde Wasserstoff sein, auch für die Stromerzeugung. „Da geht es auch um die Speicherung des Stroms von Photovoltaikanlagen.“ Am besten geeignet wäre dafür ein gasförmiges Medium. Und es gibt ein Forschungsprojekt für Großkavernen als Warmwasserspeicher aus dem Sommerbetrieb.

Ein Problem müsse aber die Politik klären, sagt Siligan: die Frage der Wahlfreiheit: „Es ist natürlich volkswirtschaftlich fraglich, ob es nicht besser wäre, eine Anschlusspflicht einzuführen und die Fernwärme-Leitungsinfrastruktur zu optimieren, anstatt jetzt verschiedene und teils veraltete Leitungsnetze für wenige Nutzer zu erhalten und zu sanieren.“
Dass Wärmenetze nicht nur im städtischen Bereich wie in Linz funktionieren, zeigt das Beispiel von Lambach im Hausruckviertel. Das dortige Stift verfügt über eine eigene Nahwärmeversorgung aus Hackschnitzeln aus den 550 Hektar großen eigenen Stiftswäldern. „Damit beheizen wir das gesamte Kloster mit 15.000 Quadratmetern Fläche“, erzählt Armin Rieder, Wirtschaftsdirektor des Benediktinerstifts: Zusätzlich werden die zwei eigenen Schulen – das Gymnasium und die HAK –, ein Agrarbildungszentrum, das Studentenwohnheim sowie 25 bis 30 Wohnungen versorgt. „Im Umfeld des Stiftes ist ein Wohnbau mit 60 Einheiten geplant, den wir auch versorgen werden. Auch eine Bank im Stadtzentrum ist interessiert“, sagt Rieder.

Der Startschuss für die klösterliche Anlage fiel schon 1996. Damals wollte man weg von Öl und hin zu Biomasse, die aus den eigenen Wäldern stammt. „Wir haben 900 Jahre mit Holz geheizt“, sagt Abt Maximilian, „nach einigen Jahren mit Ölheizung sind wir wieder zu Holz in Form von Biomasse zurückgekehrt.“ Durch den Einsatz von Hackgut werden jährlich rund 500.000 Liter Heizöl ersetzt, das entspricht einer CO2-Einsparung von 1350 Tonnen. 2008 wurde die derzeitige erweiterte Anlage gebaut mit einer Leistung von 1,65 MW. „Wir schaffen selber das Ausmaß, das wir brauchen für das Kloster, die Schulen und einige andere Abnehmer“, freut sich Abt Maximilian. Um den Biomassebedarf langfristig zu sichern, wird das Stift Lambach 2025 einen Energiewald anlegen. In unmittelbarer Nähe zur Nahwärmeanlage sollen auf einer sechs Hektar großen Fläche standorttypische Weidenarten und Pappeln gepflanzt werden.

Salzburger Nachrichten