
Stromspeicher. Damit die Energiewende gelingt, muss Strom in großem Stil gespeichert werden. Die Energiewirtschaft setzt dazu auf mehrere Technologien.
Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind ist von den Launen des Wetters abhängig. Das bringt eine der großen Herausforderungen für die Energiewirtschaft. „Damit die Energiewende gelingt, müssen nicht nur Erzeugung und Verteilung von Strom ausgebaut werden, auch der Speicherung kommt in Zukunft enorme Bedeutung zu“, sagt Alexander Kirchner, Technikvorstand der Energie AG Oberösterreich. Sein Unternehmen baut dafür gerade um 450 Mio. Euro eine riesige „grüne Batterie“: das Pumpspeicherkraftwerk Ebensee. Steht Strom im Überfluss zur Verfügung, wird hier Wasser aus dem Traunsee über einen fast 900 Meter langen Druckstollen in einen hoch gelegenen Wasserspeicher gepumpt. Bei Stromknappheit läuft das Wasser den umgekehrten Weg und treibt dabei Turbinen an. Das Kraftwerk mit einer Leistung von 170MW soll 2028 in Betrieb gehen und könne dann etwa 300.000 Haushalte bis zu zehn Stunden mit Strom versorgen, erklärt Kirchner.
Auch das legendäre Speicherkraftwerk Kaprun wird für die Energiewende deutlich ausgebaut. Im September dieses Jahres geht LimbergIII mit einer Leistung von 480MW in Betrieb. Für 2029 ist der Bau eines weiteren Pumpspeicherkraftwerkes geplant. Die Kraftwerksgruppe des Verbundes in Kaprun wird dann die beeindruckende Leistung von 1860MW aufweisen. Diese „grüne Batterien“ sind primär dafür konzipiert, erneuerbare Energie über Zeiträume von Stunden bis zu mehreren Tagen zu speichern und vor allem die Unterschiede in der Erzeugung zwischen Sommer und Winter auszugleichen.
Batterie für Kurzzeit
Bei Stromerzeugung aus Sonnen- und Windkraft kommt es aber zu Schwankungen im Minuten- oder Sekundenbereich. Eine Lösung bieten Batteriespeicher. „Sie sind eine Art Schweizer Messer der Speichertechnologien“, erklärt Ingun Metelko, Unternehmenssprecherin des Verbund, „wir werden deshalb bis Ende 2030 in Österreich und Deutschland insgesamt 2500MWh Batteriespeicherkapazitäten installieren“.
Auch die Landesenergieversorger setzen auf Batteriespeicher. Im oberösterreichischen Timelkam soll im kommenden Jahr eine Großbatterie mit einer Speicherkapazität von 10MWh in Betrieb gehen. Bis 2030 will die Energie Oberösterreich ihre Batteriespeicher auf 30MWh erhöhen. In der Steiermark wird in Passail ein Großbatteriespeicher in Kombination mit einer PV-Anlage errichtet. „Die Anlage ist sowohl markt- als auch netzdienlich“, erklärt Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie Steiermark. Das Projekt soll die Netzkapazität in diesem Gebiet für den Anschluss von Einspeiseanlagen auf bis zu 32MW erhöhen.
Ausgereift sind derzeit Speicher mit Lithium-Ionen-Batterien. „Es wird aber mit unterschiedlichsten Technologien geforscht, was sich langfristig durchsetzen wird, lässt sich noch nicht abschätzen“, erklärt Kirchner. Die Experten der EVU erwarten, dass es deutliche Technologiesprünge nach oben und Preissprünge nach unten geben wird.
Was die Zukunft hier bringen wird, lässt ein Kooperationsprojekt des Verbund mit dem niederländischen Start-up Aquabattery erahnen: Hier werden biologische Zellmembranen nachgeahmt, um mit Salzwasser Elektrizität in Form von chemischer Energie zu speichern. Die Lösung wäre nachhaltig, sicher, flexibel und kostengünstig, um Strom über Stunden oder Tage zu speichern, und könnte bald marktreif sein, meint Metelko.
E-Autos als Speicher
Auch Akkus in E-Autos sollen als Stromspeicher aktiviert werden. „Laut neuem Regierungsprogramm wird der rechtliche Rahmen für das bidirektionale Laden geschaffen“, berichtet Kirchner. Die EVU führen derzeit mit „friendly customers“ Pilotversuche durch. Car2flex heißt das Projekt etwa in der Steiermark, erzählt Graf: „Wir untersuchen hier, wie Elektromobilität optimal zur Stromspeicherung genutzt werden kann.“ Wirtschaftliche und technische Vorteile solle Betriebe und Private motivieren, ihre Autos als Stromspeicher zu nutzen.
Ein weiterer wichtiger Stromspeicher der Zukunft heißt Wasserstoff. Im südsteirischen Gabersdorf betreibt die Energie Steiermark seit zwei Jahren eine Elektrolyse. „Wir haben hier bereits viel gelernt und werden in Partnerschaft mit der Industrie zwei weitere Projekte realisieren“, berichtet Graf. Bis 2030 soll Wasserstoffproduktion aus Überschussstrom mit einer Leistung von 60MW zur Verfügung stehen. Langfristig wollen die Steirer 20Prozent des Wasserstoffbedarfs im Bundesland selbst decken. Die Energie AG Oberösterreich wiederum testet mit der RAG Austria die Speicherung von Wasserstoff in einem ehemaligen Erdgaslager. 2026 soll der Bau einer Wasserstoffleitung von Sattledt nach Linz starten. „Bis 2030 wollen wir eine Elektrolyseleistung von 19MW zur Verfügung stellen“, so Kirchner.
von Wolfgang Pozsogar
Die Presse