Solaranlage aus der Luft und von innen synchron überwachen

16. August 2024

Der weitere Ausbau der Fotovoltaik in Österreich wird durch ein Forschungsprojekt am Austrian Institute of Technology unterstützt: Digitale Lösungen sollen den Betrieb und die Wartung der Anlagen optimieren. Die Gewinnung von Sonnenstrom wird dadurch noch effizienter.

Fünfundzwanzig Prozent mehr Sonnenstrom in jedem der nächsten zehn Jahre – so weit müsste die Fotovoltaik weltweit ausgebaut werden, will man– gemeinsam mit anderen Maßnahmen – bis zum Jahr 2050 ein globales klimaneutrales Energiesystem erreichen. Diese Zahlen veröffentlichte ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift Science. Die Fotovoltaik ist also unumstritten einer der Grundpfeiler, wenn es um die Energiewende und um das Erreichen der Klimaziele geht. Und was das Potenzial angeht, ist noch viel Luft nach oben: Derzeit ist in Österreich etwa ein Drittel jener Kapazität installiert, die im Netzinfrastrukturplan als Zielvorgabe bis zum Jahr 2030 festgeschrieben ist: Die Solarpaneele liefern rund 6,4 Gigawatt Leistung. 

Unwetterschäden und Abnutzung

Der Anteil grüner Stromerträge werde in den nächsten Jahren weiter steigen und bedürfe daher einer optimalen Planung, um bestmöglich in das Energiesystem eingebunden zu werden, sagt Marcus Rennhofer vom Center for Energy am Austrian Institute of Technology (AIT). Er leitete hier das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt „Apollo“. Dabei entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Methoden und Tools, um den Betrieb sowie die Wartung von Fotovoltaikanlagen vollständig zu digitalisieren. Damit wird es leichter, Probleme beim Betrieb der Anlagen automatisch und frühzeitig zu erkennen. Das wiederum erhöht den Ertrag und die Effizienz der umweltfreundlichen Stromgewinnung. Als Firmenpartner waren die Enery Development GmbH, Spezialist für erneuerbare Energie, sowie das Luftfahrtunternehmen Bladescape Airborne Services mit an Bord.

Werden beispielsweise Paneele durch Hagelschlag beschädigt, ist die Anlage auf lange Sicht nicht mehr in der Lage, viel Strom zu produzieren. Auch eine alterungsbedingte Korrosion kann den Energie-Ertrag mindern. Dazu kommen mögliche Defekte der Elektronik und andere Faktoren. Rennhofer: „Die klassische Herangehensweise ist die, dass man die Anlage begeht, um durch Augenscheinnahme allfällige Schäden festzustellen. Das ist natürlich sehr aufwendig. Wir haben daher nach Möglichkeiten gesucht, diese Strategie digital zu unterstützen oder zu ersetzen.“

Drohnen ersetzen Lokalaugenschein

Freilich werden viele Anlagen auch jetzt schon digital überwacht, indem Messwerte ermittelt und aufgezeichnet werden. „Schleichende Defekte wie etwa aufgrund von Unwetterschäden werden auf diese Weise aber nur schwer erkannt“, sagt Rennhofer. „Das führt dazu, dass Wartungsmaßnahmen, etwa ein Komponententausch, oft erst durchgeführt werden, wenn sich der Fehler in den Messwerten niederschlägt, wenn also die Effizienz der Anlage bereits beeinträchtigt ist. Hingegen kann man einen hagelbedingten Glasbruch mit einer Augenscheinnahme sofort erkennen.“

Die Digitalisierung erfolgt dabei, indem man statt Menschen Drohnen zur Anlage schickt, um den Zustand der Paneele zu dokumentieren. Rennhofer: „Umgekehrt findet jedoch eine Drohne elektronische Fehler nicht, die wiederum bei den Messwerten sofort auffallen.“ Eines der Ziele des Projekts war es, diese unterschiedlichen Quellen zu vereinen und digital vorliegende Daten mit analogen Daten zu verknüpfen.

Außerdem wurden ein System zur Klassifizierung von Fehlern sowie ein verbesserter Algorithmus zur Bewertung der Messaufzeichnungen geschaffen. Er trägt dazu bei, relevante Fehler früh zu erkennen. 3-D-Modelle der Anlagen helfen, die Stelle eines Defekts rasch zu orten. „Dank durchgängiger Digitalisierung lassen sich die Daten für die Überwachung auch leicht visualisieren, was den Betrieb optimiert und, gemeinsam mit der höheren Genauigkeit bei der Bewertung der Messdaten und der Fehlererkennung, die Zuverlässigkeit der Anlagen steigert“, ergänzt Rennhofer.

Das Projekt, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt wurde, habe die Grundlage für Digitalisierungslösungen im Bereich umwelt- und klimafreundlicher Sonnenstrom geliefert, sagt der Wissenschaftler. Die Unternehmenspartner haben mit Tests eine mögliche Marktreife beschleunigt. Ihnen obliege es nun, die im Projekt gefundenen Lösungen tatsächlich in der Praxis zu implementieren. Die Gewinnung von Solarenergie in Österreich steigt rasant: Allein im Vorjahr wurden Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 2,5 Gigawatt neu errichtet.Damit wurde der Rekord aus dem Jahr zuvor noch überboten.

In Zahlen40 Prozent der derzeitigen Fotovoltaik-Leistung in Österreich wurden erst im Vorjahr installiert.8,5 Kilowattstunden Energie verbraucht ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt hierzulande pro Tag. Eine Fotovoltaikanlage mit einer Nennleistung von zehn Kilowatt kann unter optimalen Bedingungen bis zu 50 Kilowattstunden Energie täglich produzieren.

Von Michael Loibner

Die Presse