Umstrittene Pipeline Nord Stream 2 ist fertig

14. September 2021, Wien

Mit rund zweijähriger Verspätung wurde die Röhre am Freitag fertiggestellt. Noch heuer soll das erste Gas fließen.

Am Freitag um 8.45 Uhr Moskauer Zeit ist das letzte Rohr bei Nord Stream 2 fertig verbunden worden, erklärte der russische Gaskonzern Gazprom Freitagvormittag. Damit ist die umstrittene Gaspipeline, in deren Errichterkonsortium sich auch die heimische OMV befindet, fertig. Zwei Jahre und einige politische Konflikte später als geplant.


Begonnen hatten die Planungen für Nord Stream 2 schon 2015. Damals wurde die Idee konkretisiert, die bereits 2011 in Betrieb genommene Nord Stream 1, die Gas vom russischen Wyborg durch die Ostsee direkt ins deutsche Greifswald bringen kann, zu erweitern. Bei dem neun Milliarden Euro schweren Projekt ging es darum, die Kapazität von jährlich 55 Mrd. Kubikmetern zu verdoppeln.


Doch während der Bau von Nord Stream 1 zwar mit verbaler Kritik aus osteuropäischen Ländern, Schweden und den USA relativ problemlos über die Bühne ging, war das bei Nord Stream 2 anders. Grund dafür war der im Jahr 2014 ausgebrochene Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der nicht nur zu Sanktionen gegen Moskau führte, sondern auch die Stimmung auf einen neuen Tiefpunkt brachte.


Bypass für Ukraine
Bis auf Deutschland und Österreich zeigten sich viele EU-Länder daher von Anfang an dem Projekt gegenüber sehr skeptisch. Mehrere Gründe wurden dafür angeführt: Einerseits liefere sich Europa mit Nord Stream 2 erneut Russland als Energielieferanten aus, was auch aus ökologischen Gründen abzulehnen sei. Andererseits sorge die Ostseepipeline dafür, dass osteuropäische Transitländer und vor allem die prowestliche Ukraine künftig umgangen werden könnten und um ihre Transitgebühren umfielen. Letzteres definitiv ein Hintergedanke in Moskau – aber auch in Berlin. Schließlich hatten mehrere Gaskonflikte zwischen Russland und der Ukraine zu Lieferunterbrechungen während der Winter in Europa geführt.


Besonders aggressiv gegen die Pipeline gingen jedoch die USA vor. Dies nicht nur aus geopolitischer Gegnerschaft zu Russland, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen: Sie wollten Europa als Abnehmer für überschüssiges US-Frackinggas gewinnen. Nach einer Vielzahl von Drohungen eskalierte die Situation Ende 2019, als Ex-US-Präsident Donald Trump ein Gesetz verabschiedete, das an dem Projekt beteiligte Firmen mit Sanktionen bedrohte. Eine Schweizer Spezialfirma für die Verlegung von Rohren im Meer kündigte in der Folge ihre Mitarbeit auf und das Projekt kam zum Stopp.


Berlin überzeugte Washington
Erst als Russland eigene Verlegeschiffe in die Ostsee beorderte, konnte der Bau mit großer Verzögerung wieder starten. Im Sommer 2021 wurde dann ein Pakt zwischen Deutschland und den USA geschlossen, mit dem die Amerikaner ihren Widerstand aufgaben. Der Finalisierung stand nichts mehr im Wege. Das erste Gas soll noch vor Jahresende fließen.

Von Jakob Zirm

Die Presse

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