Ist der Strom bald drei Mal so teuer?

15. Feber 2022, Salzburg

Die Preise für Neukunden hat die Salzburg AG bereits vervierfacht. Nun soll es im April auch für Bestandskunden nach oben gehen. Die Rede ist sogar von einer Verdreifachung.

Die Unruhen am globalen Energiemarkt zwingen die Energieversorger im Land zu Tarifanpassungen. Bis jetzt waren vor allem Neukunden betroffen, bei denen sich die Preise zum Teil vervierfacht haben. Nun werden die hohen Einkaufspreise bei Strom und Gas auch an bestehende Kunden weitergegeben.
Dass die Netzkosten stetig sinken, die Bundesregierung einen Zuschuss von 150 Euro angekündigt hat und die Ökostrompauschale für heuer ausgesetzt wurde, ist bei den aktuellen Preissteigerungen wohl nur ein schwacher Trost. Ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich verbraucht zirka 3500 Kilowattstunden Strom im Jahr. Wer im Jänner 2022 einen Vertrag bei der Salzburg AG abgeschlossen hat, rechnete als Neukunde jährlich mit 617 Euro Gesamtstrompreis. Dieser setzt sich aus Energie- und Netzkosten sowie Steuern und Abgaben zusammen. Der Strompreis für Neukunden hat bis 2022 keine wirklich großen Sprünge absolviert. Wer aber nach dem 1. Februar 2022 abgeschlossen hat, muss mit jährlichen Kosten von 1488 Euro rechnen. Zurückzuführen ist diese Preiserhöhung auf massive Preissteigerungen auf dem internationalen Energiemarkt. Auf diesem spielen nach wie vor die Covidkrise und die starke Nachfrage der Wirtschaft eine Rolle. Darüber hinaus sorgt vor allem der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine für massive Unsicherheiten. Die heimischen Energieversorger sind von diesem Markt abhängig, da die Eigenproduktion nicht ausreicht. Je nach Bedarf wird kurzfristig eingekauft, um Stromspitzen auszugleichen bzw. um langfristig die Energieversorgung zu sichern. Teilweise um bis zu 600 Prozent mehr müssen die Anbieter für eine Megawattstunde an der Börse im Vergleich zum Vorjahr bezahlen. Als Beispiel: In Salzburg werden im Winter 60 Prozent des Strombedarfs durch erneuerbare, regionale Quellen gedeckt. 40 Prozent müssen vom nationalen bzw. internationalen Beschaffungsmarkt zugekauft werden. Steigen nun die Preise dort, reichen die aktuellen Tarifmodelle nicht mehr, um kostendeckend bzw. gewinnbringend zu wirtschaften und den Interessen der Eigentümer Rechnung tragen zu können.
Bei der Salzburg AG zahlen Neukunden inzwischen 34,8 Cent brutto für eine Kilowattstunde. Hinzu kommen die Netzkosten, pauschal mit 79,20 Euro (sie sind zuletzt gesunken – 2021 lagen sie noch bei 137 Euro). Insider und auch die Mitarbeiter des Kundenservice der Salzburg AG rechnen mit einer Erhöhung für Bestandskunden mit April 2022.

Spekuliert wird über eine Verdreifachung bzw. Vervierfachung des aktuellen Tarifs. Das wären dann zwischen 20 und 34 Cent brutto pro Kilowattstunde, im Vergleich zu den aktuellen 8,66 Cent brutto. Weiter fallen sollen die Pauschalen für die Netzgebühren. In der Konzernzentrale dementiert man den Flurfunk und spricht von einem laufenden Prozess. Wie hoch die Preissteigerung bei den Stromtarifen ausfällt, will man nicht kommentieren. Nur so viel: „Wir beobachten die Lage auf den Energiemärkten und wir gehen davon aus, dass sich die Lage nicht so schnell entspannen wird.“

Mitarbeiter des Kundenservice hätten jedenfalls noch keine Information bezüglich Tariferhöhung bekommen.
Die Arbeiterkammer Salzburg hat unter der Annahme, der Strompreis würde um 40 Prozent steigen (also auf 12 Cent je kWh), eine aktuelle Berechnung durchgeführt. Demnach würde das für die Salzburger Bestandskunden zu einer Belastung von 34 Millionen Euro netto führen. AK-Präsident Peter Eder spricht von einem enormen Kaufkraftabzug. Dies müsse auf jeden Fall ausgeglichen werden. „Für heuer hat der Bund einen Ausgleich geschaffen, aber das reicht nicht“, sagt Eder. Auch Stadt und Land Salzburg müssten etwas unternehmen. Und: Die AK fordert eine Halbierung der Steuer auf Strom und Gas. „Das wird notwendiger denn je. Das muss ein Fixbeschluss in der Bundesregierung sein. Das sind Entlastungen, die wir uns erwarten“, sagt Eder.

Auch die anderen Energieversorger fordert die Marktlage. „Die Energiemärkte spielen leider verrückt“, heißt es von der Energie AG in Oberösterreich. Zu einer Tariferhöhung für bestehende Privatkunden kommt es bei der Energie AG nicht, bereits im Oktober habe man bestehenden Privatkunden den Preis bei Strom und Gas bis Jänner 2023 garantiert. „Für Neukunden wurden die Preise stufenweise an die Beschaffungsmarktsituation angepasst.“ Die Preise wurden vor Weihnachten und im November erhöht – von 7,99 Cent pro Kilowattstunde auf 50,29 Cent brutto. Auch für diese gelte eine Preisgarantie als Absicherung. Sobald sich die Volatilität am Beschaffungsmarkt beruhigt habe, bietet man den Privatkunden der Energie AG die Möglichkeit, auf günstigere Produkte umzusteigen.

Auch bei den Kunden der Wien Energie sind die Tarifanpassungen schon erfolgt. Um 17,8 Prozent wurde der Strompreis mit Jänner für Bestandskunden erhöht. Ausgenommen sind Tarife mit Preisgarantie. Der Preis für Neukunden im Basistarif liegt bei 15 Cent brutto/kWh. Der Vorsitzende der Wien Energie, Geschäftsführer Michael Strebl, sagt: „Durch langfristige Lieferverträge und vorausschauende Beschaffung konnten wir die Preise lange stabil halten. Als wirtschaftlich handelndes Unternehmen müssen aber auch wir Marktentwicklungen weitergeben. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir als größter regionaler Energiedienstleister Verantwortung tragen. Wir haben deshalb gemeinsam mit der Branche entschieden, den Abschalteverzicht für soziale Härtefälle bis Ende März zu verlängern.“

Ökonomen schätzen die Marktlage gewohnt pragmatisch ein. „Die Energieunternehmen müssen auf Basis des internationalen Marktpreises agieren, Zuschüsse können nur von der politischen Seite kommen“, sagt der IHS-Ökonom Klaus Weyerstraß. Auch eine Senkung der Steuern auf Energie wäre möglich, diesen Weg geht Frankreich. Damit verbunden ist ein Preisanstieg beim Strom um maximal vier Prozent.

von Heidi Huber und Marco Riebler

Salzburger Nachrichten