Was den Ölpreis antreiben könnte

5. Feber 2024, Wien

Zertifikate. Sowohl Chinas Konjunkturhilfen als auch die geopolitischen Konflikte im Nahen Osten könnten für neuen Aufwind sorgen. Anlegern bietet dies Investmentchancen.

Die gesunkenen Energiepreise im Vorjahr waren eine willkommene Erleichterung. Heizen und Tanken hatten sich vergünstigt, die Inflationsrate hatte sich deshalb im Großen und Ganzen stark abgeschwächt. Im Jänner lag die Teuerung in der Eurozone bei nur noch 2,8 Prozent im Jahresvergleich.

Das Blatt könnte sich jedoch wieder wenden, und das aus mehreren Gründen. In den USA hatte Präsident Joe Biden jüngst verkündet, den Ausbau der Exportterminals für Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, kurz LNG) zumindest vorerst zu stoppen. Der drastische Schritt wurde mit dem Umweltschutz begründet. Schließlich verursachen sowohl die Förderung als auch die Produktion sowie der Transport über den Seeweg eine Menge CO₂-Ausstoß.

Ein knapperes Angebot am Weltmarkt könnte aber die Gaspreise etwa in Europa antreiben. Dabei möchte die Region langfristig von russischem Gas loskommen und in diesem Zusammenhang unter anderem eigentlich vermehrt auf LNG-Einfuhren aus den USA setzen. Doch auch beim Ölpreis sehen Experten eine Gefahr, dass der mehrmonatige Seitwärtstrend demnächst beendet werden und die Notierung einmal mehr anziehen könnte. Zuletzt hatte sich etwa die Nordseemarke Brent in einer Preisspanne von rund 75 und 85Dollar je Fass bewegt.

Mehr Nachfrage aus China?

Wie aber könnten mögliche preistreibende Faktoren aussehen? Bei der BNP Paribas verweist man auf die jüngsten Konjunkturhilfen der chinesischen Notenbank. Diese hatte vor Kurzem die Mindestreservepflicht für Geschäftsbanken derart kräftig gesenkt wie seit Dezember 2021 nicht mehr. Solch ein Schritt erleichtert Banken die Kreditvergabe, mit entsprechend positiven Folgen auf die Wirtschaft, ein Umstand, der wiederum zu einem steigenden Energieverbrauch führen könnte. Der Aspekt ist nicht unwesentlich. Das Reich der Mitte ist der weltweit zweitgrößte Ölverbraucher, gleich nach den USA.

Hinzu kommt laut BNP-Paribas-Experten ein weiterer Aspekt: Sie verweisen auf Zahlen des American Petroleum Institutes, denen zufolge die US-amerikanischen Lagerbestände an Rohöl jüngst um 6,67 Millionen Fass gefallen waren. Dies spreche für eine robuste Nachfrage, wie es heißt. Nun schüre auch noch die anhaltende Gefährdung der wichtigen Transportroute über das Rote Meer und den Suezkanal die Angebotssorgen.

Diesen Aspekt sieht man auch bei der Berenberg Bank. Chefstratege Bernd Meyer verweist auf die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer. „Die Vergeltungsschläge der USA und Großbritanniens heizen die Lage weiter an.“ Zwar preise der Markt noch keine substanzielle Risikoprämie ein. Jedoch leiteten immer mehr Reedereien ihre Öltanker über die längere Route um die Küste von Südafrika um. So hat der britische Energieriese Shell seinen Verkehr im Roten Meer eingestellt, und das auf unbestimmte Zeit, wie es heißt.

Meyer zieht deshalb ein klares Fazit: „Damit steigen nicht nur die Transportkosten, sondern es wird auch mehr Angebot auf den Weltmeeren gebunden. Beides ist positiv für den Ölpreis.“ Sollte sich für den derzeit noch unwahrscheinlichen Fall der Konflikt auf den Persischen Golf und damit auf die Straße von Hormus ausweiten, hätte dies weitreichende Konsequenzen für den globalen Ölmarkt, fügt der erfahrene Marktexperte hinzu. „Knapp 20 Prozent der weltweiten Produktion passieren diese Meeresenge.“

Auf steigenden Preis setzen

Anleger, die ebenfalls mit einem steigenden Ölpreis rechnen, können auf solch eine Entwicklung mit Zertifikaten setzen. Die Erste Group bietet beispielsweise ein Indexzertifikat auf Brent an (AT0000A11P68). Das Produkt bildet die künftige Wertentwicklung der europäischen Ölnotierung ab – nach oben, aber auch nach unten.

Wer sich ein höheres Risiko zutraut, kann einen Blick auf Turbo-Long-Zertifikate werfen, mit denen Anleger gehebelt auf die weitere Preisbewegung setzen können. Ein solches Produkt bietet die Société Générale an (DE000SF92Y87). Der aktuelle Hebel liegt bei rund 2,43 (per 1. Februar). Um diesen verändert sich der Kurs des Zertifikats im Verhältnis zu jenem des Basiswerts. Berührt oder unterschreitet jedoch der Basiswert die Marke von 48,166 Dollar, verfällt das Zertifikat.

von Raja Korinek

Die Presse

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