Rechter Kampf gegen Windmühlen

16. Jänner 2025

Der US-Republikaner Donald Trump und FPÖ-Chef Herbert Kickl stehen vor der Machtübernahme. Im Wahlkampf machten sie gegen Erneuerbare mobil. Warum eigentlich?

Am Sonntagnachmittag beklatschen Spitzenfunktionäre der FPÖ Kärnten einen Bildschirm. Sie sahen darauf zwei Balken, der grüne ein bisschen höher als der rote. Die Freiheitlichen hatten gemeinsam mit dem Team Kärnten eine Volksbefragung durchgesetzt, ob der Bau weiterer Windräder auf Bergen und Almen „zum Schutz der Kärntner Natur“ landesgesetzlich verboten werden solle. 51,6 Prozent stimmten für Ja.

Schon kurz darauf verglich Kärntens FPÖ-Chef Erwin Angerer die nicht bindende Volksbefragung mit der historischen Volksabstimmung rund ums Atomkraftwerk Zwentendorf im Jahr 1978. Diese gilt als Geburtsstunde der heimischen Umweltbewegung.

Österreichs drei große Umweltorganisationen Global 2000, Greenpeace und WWF analysierten die Programme aller Parteien, jenes der FPÖ bewerteten sie am schlechtesten. Aber geht es um Windräder, entdecken auch Freiheitliche ihr Herz für die Umwelt. Schon im Programm für die Nationalratswahl spielten sie die Natur gegen das Klima aus. „Natur- und Umweltschutz statt ideologisierter Klimaschutz“, forderte die FPÖ darin. Ein Beispiel: Während die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) in ihrer Statistik Siedlungs- und Verkehrsflächen als die großen Treiber für die grassierende Bodenversiegelung im Land ausweisen, machte FPÖ-Chef Herbert Kickl im Wahlkampf vor allem die Betonsockel von Windrädern dafür verantwortlich.

Ausbau Erneuerbarer „notwendig“

Unbestritten beeinflussen Windräder die Umwelt negativ, so wie alle anderen Kraftwerke auch. Vögel sterben etwa, wenn sie mit den Anlagen kollidieren. Aber selbst die Vogelschutzorganisation Birdlife hält den Ausbau der erneuerbaren Energien für „notwendig“, auch wenn sie dafür plädiert, Wind- und Sonnenenergie naturverträglich auszubauen. Für Windräder in Kärnten machten sich unter anderem Global 2000 und Fridays for Future stark. Ein großer Bericht des Weltbiodiversitätsrats weist schließlich die Klimakrise als einen der stärksten Treiber des Artensterbens aus. Laut dem Weltklimaratsbericht ist wiederum der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft der stärkste und effektivste Hebel, um die Klimakrise einzudämmen.

Doch der Naturschutz war nicht das einzige Argument der FPÖ. Die Freiheitlichen warnten auch davor, die neuen Windräder könnten zu höheren Stromkosten führen. „Analysen zeigen, dass PV-Freiflächen und Windkraft die günstigste Art sind, Strom zu erzeugen“, sagt Energieexperte Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur Österreich. „Gerade in Zeiten, wo der Gaspreis noch immer so hoch ist, ist das Argument noch weniger nachvollziehbar.“ Dolna-Gruber verweist etwa auf China, das im großen Stil Windräder errichtet, weil das Land nach leistbarem Strom lechzt.

„Wir reißen alle Windräder nieder!“

Im Kampf gegen die Windkraft verwendet die FPÖ eine Erzählung, die Rechtspopulisten weltweit bedienen. „Wenn wir am Ruder sind, reißen wir alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“, schrie Alice Weidel am Samstag auf dem Parteitag der rechtsextremen AfD. Weidel führt die Partei als Spitzenkandidatin in die deutsche Bundestagswahl. In einer aktuellen Umfrage kommt die AfD auf 20 Prozent, sie wäre damit hinter der konservativen CDU die zweitstärkste Kraft.

Die deutsche Schwesterpartei der FPÖ sorgt sich um Bäume, die für die Windräder gefällt werden müssten, will aber gleichzeitig die abgedrehten Atomkraftwerke in Deutschland wieder hochfahren. Weidels Kampf gegen Erneuerbare bezeichnete der Präsident des Bundesverbands der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft, Stefan Dohler, umgehend als „fundamentale Volksverdummung“, es sei „purer Populismus, der die Fakten einfach negiert und den Wirtschaftsstandort Deutschland massiv schädigen würde“.

Keine neuen Windkraftanlagen

Der größte Gegner der Energiewende sitzt aber nicht in Europa, sondern in den USA. Am 20. Jänner wird Donald Trump zum 47. US-Präsident angelobt. Zwei Wochen vor seiner Amtsübernahme bezeichnete der Republikaner Windräder als „Müll“ und sagte: „Es ist die teuerste Energie, die es gibt. Viel, viel teurer als sauberes Erdgas.“ Unter seiner Präsidentschaft werde es „keine neuen Windräder“ geben. Schon im Wahlkampf hatte sich Trump ein grünes Mäntelchen umgehängt, die Fläche unter Windrädern als „Friedhof für Vögel“ bezeichnet und behauptet, Windkraftanlagen im Meer würden Wale töten – auch wenn Wissenschafter erklärten, dass es für diese Behauptung keinerlei Beweise gibt.

„Bohr, Baby, bohr!“, rief Trump hingegen im Wahlkampf und versprach der fossilen Industrie, Fracking zu forcieren. Dabei handelt es sich um eine besonders naturzerstörende Form, Öl und Gas aus der Erde zu holen. Wie die FPÖ argumentiert auch er mit der Kostenfrage: Mehr fossile Energie würden die Preise von Gütern sinken lassen.
Fossile sponserten Millionen

Der Hauptgrund für Trumps Kampf gegen Windmühlen könnte aber woanders als an seinem Umweltgewissen und den Energiekosten liegen: Wie die New York Times berichtete, sponserte die fossile Industrie Trumps Wahlkampf mit 75 Millionen US-Dollar (72,8 Millionen Euro). Schon in seiner ersten Amtsperiode rollte er den Öl- und Gasriesen den roten Teppich aus: Er stieg aus dem Pariser Klimaabkommen aus, verteilte großzügig Bohrlizenzen an fossile Konzerne, höhlte außerdem die US-Umweltschutzbehörde EPA aus und beschädigte sie nachhaltig.

Als Außenminister holte er den Chef des Öl- und Gasriesen Exxon in die Regierung. In seiner zweiten Amtsperiode wird wieder ein Chef eines fossilen Unternehmens in der Trump-Administration werken: Der Klimawandelleugner Chris Wright, der dem Ölunternehmen Liberty Energy vorsteht, wird Energieminister. Wright zählte außerdem zu Trumps freigiebigen Wahlkampfsponsoren.

Der Standard