Wie sehen die Notfallpläne für den Fall des Ausbleibens russischen Gases aus? Und wer bekommt dann wie viel? Österreichs Wirtschaftstreibende fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.
Von der Stahl- über die Glasindustrie bis hin zu den österreichischen Lebensmittelversorgern: Wichtige Teile der Wirtschaftswelt wissen derzeit nicht, wie es im möglichen Fall des Ausbleibens russischer Gaslieferungen weitergehen soll. Die Produktion müsse eingestellt werden, darin sind sich viele Wirtschaftstreibende einig. Von der Politik fühlen sie sich im Stich gelassen und nicht ausreichend in Krisenpläne eingebunden.
Die Debatte angestoßen hat die Voestalpine, größter heimischer Stahlkonzern mit Sitz in Linz. Ein Ausfall der Gaslieferungen wäre „dramatisch“ und „nicht oder schwer managebar“, sagt Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner am Montagabend. Und: Gespräche mit der Regierung über die Krisenlage gebe es nur „sporadisch“. Mit dieser Einschätzung steht der Voestalpine-Chef bei weitem nicht allein da, wie ein Rundruf des STANDARD unter Unternehmen zeigt, die besonders energieintensiv produzieren.
Da wären etwa die Lebensmittelversorger. Im Fall eines Komplettausfalls „fehlen uns immer noch die konkreten Notfallpläne“, kritisiert Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Verbands der Lebensmittelindustrie. Ihre Branche müsse sich im Falle eines Embargos auf Szenarien vorbereiten können. Aber: „Wir haben Vorlaufzeiten. Wir müssen intensiver in diese Planungen eingebunden werden.“
„Ein Gasembargo wäre für unsere Branche eine Katastrophe“, sagt Koßdorff. Bis auf wenige Ausnahmen sei die gesamte Nahrungs- und Genussmittelindustrie zu 100 Prozent von russischem Erdgas abhängig. Das gelte für Obst und Gemüse ebenso wie für Milch und Fleisch. Viele Unternehmen aus der Branche rüsteten vor Jahren von Öl auf Gas um. Zwar sei in der Vergangenheit vermehrt auch in alternative Energien wie Photovoltaik und Biogas investiert worden. Diese dienten aber vor allem der Beheizung und Kühlung von Produktionen oder dem Betrieb von Dienstflotten. Alles Gas ersetzen zu können, das einen Drei-Schicht-Betrieb am Laufen halte – davon sei man weit entfernt, zieht Koßdorff Bilanz.
In den vergangenen Wochen und Monaten habe ihre Industrie deshalb die Regierung und die Regulierungsbehörde E-Control immer wieder auf die komplexen Zusammenhänge in der Wertschöpfungskette hingewiesen. Bisher sei aber nur zaghaft signalisiert worden, dass man diese Probleme im Blick habe. Den Nahrungsmittelherstellern vor- und nachgelagert sind Produzenten von Glas und Papier – und hier klingen die Klagen ganz ähnlich.
Der Standard