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Unternehmen fordern Drosselung der Gasexporte

24. September 2021

Auch in den USA sorgt sich die Wirtschaft, dass der Winter die Gaspreise noch weiter in die Höhe schnellen lässt.

Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA geht die Angst vor steigenden Energiepreisen im Winter um. Die Industrie fordert bereits, die Exporte von Flüssiggas (LNG) aus Amerika zu drosseln. In einem Brief an die Energieministerin Jennifer Granholm schreibt der Verband der energieverbrauchenden Industrie, Industrial Energy Consumers of America (IECA): "Wir fordern Sie auf, sofort nach dem Erdgasgesetz zu handeln, um eine Angebotskrise und Preisspitzen für die Verbraucher in diesem Winter zu verhindern, indem Sie die Exportquoten für die Flüssiggas-Exporteure senken." Damit sollten die US-Lager das Niveau des Fünf-Jahresdurchschnitts erreichen.

Die USA sind zwar weniger abhängig von Importen als die meisten europäischen Länder. Aber die Angst vor einem kalten Winter und hohen Gaspreisen macht auch hier die Runde.

Bei einem Besuch in Polen versicherte US-Ministerin Granholm jedoch, die USA würden mit den europäischen Partnern eng zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass im Winter genügend Gas zur Verfügung stehe. Die gestiegenen Gaspreise hätten ernsthafte Fragen zur Versorgungssicherheit in Europa aufgeworfen. Die USA und Europa müssten sich zur Wehr setzen, wenn energieerzeugende Länder "das Angebot manipulieren, um davon zu profitieren", sagte Granholm mit Blick auf die Vorwürfe, Russland beliefere Europa absichtlich nicht mit mehr Gas.

Handelsblatt

Treibt Moskau Europa in die Krise?

24. September 2021, Wien

Energie. Die Explosion der Gaspreise schürt Ängste vor einem drohenden Energieengpass im Winter. Die Verunsicherung ist groß und Hauptlieferant Gazprom spielt ein heikles Spiel.

Europas beginnende Energiekrise zieht erste Furchen durch die Wirtschaft. Seit Jahresbeginn hat sich der Gaspreis verdreifacht und der Strompreis verdoppelt. Einzelne Industriebetriebe zwingt das bereits dazu, die Produktion zu stoppen. In den Wintermonaten dürfte sich die Lage weiter verschärfen, warnen Beobachter. In manchen Teilen Europas werde es eine veritable Gasknappheit geben, prognostiziert etwa Amos Hochstein, US-Präsident Joe Bidens oberster Sicherheitsberater in Energiefragen. Die energieintensive Industrie und die Konsumentenschützer sehen das ganz ähnlich und rufen Europas Regierungen zu Hilfe. Schlittert die EU tatsächlich in eine Versorgungskrise? Und wer ist schuld daran?

Tatsache ist: Die Gasspeicher in Europa sind knapp vor Beginn der Heizperiode so leer wie selten zuvor (siehe Grafik). Und das verfügbare Erdgas sucht derzeit eher den Weg nach Asien als nach Europa, weil China bereit ist, bedeutend mehr Geld zu bezahlen, um in den kommenden Monaten ausreichend mit dem Rohstoff versorgt zu sein. So machen die Tanker voll amerikanischem Flüssiggas seit Wochen einen Bogen um Europa. Und auch die russische Gazprom steht bei ihren Lieferungen in die EU seit einiger Zeit auf der Bremse. Während China und die Türkei aus Moskau Rekordmengen erhalten, lässt Europas wichtigster Gaslieferant die bestehenden Pipelines durch Weißrussland und die Ukraine weitgehend ungenützt.

Hintergrund ist die Debatte um die umstrittene Nord Stream 2. Die Rohre der Ostseepipeline sind zwar seit einigen Tagen fertig verlegt, doch bevor Gas aus Russland nach Deutschland fließen kann, muss erst noch die deutsche Bundesnetzagentur mit dem Kopf nicken. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Pipeline die Souveränität oder Energiesicherheit von EU-Staaten gefährden könnte. Außerdem geht es um die Frage, ob die von Gazprom installierte Nord Stream 2 AG das gewünschte Zertifikat als "unabhängiger Netzbetreiber" erhält oder nicht. Nur dann könnte Gazprom im Einklang mit den EU-Regeln die Leitung sowohl betreiben als auch mit Gas beschicken. Vier Monate hat die Bundesnetzagentur Zeit, um zu entscheiden. Moskau aber drückt aufs Tempo.

Die Presse

Dieser Winter könnte sehr

24. September 2021

Europa droht eine heftige Energiekrise, warnen Experten. Außer wir haben Wetterglück.

Dieser Winter könnte sehr hässlich werden", sagte ein italienischer Energiemanager neulich der Nachrichtenagentur Bloomberg. Das kann man wohl sagen: Dem alten Kontinent droht eine Energiekrise, wie sie dieses Jahrhundert noch nicht gesehen hat. Die explodierenden Gas- und Strompreise sind offenbar nur die Vorboten der kommenden Misere.
Die US-Bank Goldman Sachs hat in der Vorwoche einen Report veröffentlicht, der für Europa im Winter großflächige Strom-Blackouts als wahrscheinlich hinstellt. Zumindest aber Energiemangel, der zu großflächigen Stilllegungen von industriellen Stromverbrauchern zwingt. Außer wir haben Wetterglück: Ist der Winter sehr mild und sehr windreich, dann könnte Europa noch einmal knapp davonkommen.

Die Ursachen der Misere sind bekannt: Außerordentlich leere Gasspeicher, die nicht aufgefüllt werden können, weil Russland derzeit lieber seine eigenen Speicher füllt. Leere Kohlelager, weil die Produzenten des schmutzigsten aller Energieträger in Europa begreiflicherweise nichts mehr investieren. Und eine seit Monaten anhaltende ungewöhnliche Schwachwindsituation, die zu Ausfällen bei den zuletzt stark ausgebauten Windstromkapazitäten führt.
Im Verein mit einer global sehr starken Nachfragesteigerung durch den Wiederaufschwung nach der Corona-Rezession ergibt das geradezu lehrbuchgemäß eine Mangelsituation.

Die Presse

Der Gaspreis-Schock

22. September 2021

Schon bevor der Winter richtig losgeht, klettern die Gaspreise auf einen neuen Rekordstand. Die europäische Industrie kämpft mit historisch hohen Energiekosten.

Noch nie war Erdgas so teuer wie jetzt. Experten sprechen von einem "historischen Allzeithoch" - und ein Ende des Anstiegs ist nicht absehbar. Im langjährigen Mittel schwankt der Preis für die fossile Energiequelle zwischen 15 und 20 Euro pro Megawattstunde (MWh). Aktuell liegt er bei 65 Euro pro MWh und hat sich damit innerhalb von nur wenigen Monaten mehr als verdreifacht. "So stark steigende Gaspreise über einen so langen Zeitraum gab es noch nie", sagt Energiemarktexperte Fabian Huneke vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool dem Handelsblatt. Das könnte besonders die Industrie zu spüren bekommen, warnt Huneke.

Für viele Unternehmen, insbesondere für die Chemieindustrie, ist Erdgas als Rohstoff und Brennstoff von essenzieller Bedeutung. Ein hohes Preisniveau hat große Auswirkungen auf die Produktionskosten. Derzeit haben sich viele Unternehmen noch durch Terminkontrakte abgesichert. Doch dieser Schutz ist nicht von Dauer - und Besserung nicht in Sicht. "Wir sehen keine Signale, dass sich die fundamentalen Preistreiber abschwächen. Insofern ist davon auszugehen, dass sich die gegenwärtige Situation nicht signifikant ändert und weiter steigende Preise wahrscheinlich sind, das betrifft sowohl Strom als auch Gas", sagte Christian Seyfert vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), dessen 300 Mitgliedsunternehmen für 80 Prozent des industriellen Energieverbrauchs in Deutschland stehen.

Handelsblatt