Nord Stream 2 wird gebaut, die Ukraine im Gegenzug zum Wasserstofflieferanten für Europa aufgebaut. Auf dem Papier ein schöner Kompromiss, doch es fehlt an Geld für den Erfolg.
Wenn Joe Biden am 30. August seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus empfängt, steht dieser vor vollendeten Tatsachen. Denn zum gleichen Zeitpunkt soll Nord Stream 2 bereit sein – die Fertigstellung ist zwischen dem 30. August und 6. September geplant.
Vergeblich bat Selenskyj um einen früheren Audienztermin, vergeblich auch warnte er davor, dass Russland die Ostseepipeline als „Waffe“ benutzen werde. Mit dem zwischen Berlin und Washington Mitte Juli geschlossenen Kompromiss sind Bau und Inbetriebnahme von Nord Stream 2 beschlossene Sache. Für Kiew fallen damit potenziell jährlich zwei Milliarden Euro an Transitgebühren fort.
Offiziell will sich die Regierung in Kiew nicht zum Kompromiss äußern. Doch es herrscht Skepsis. Hinter vorgehaltener Hand ist von „Mogelpackung“ die Rede, denn wie die Versprechen gegenüber Kiew umgesetzt werden sollen, bleibt weitgehend unklar.
So sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar: „Für mich ist Nord Stream 2 ein zusätzliches Projekt und kein Projekt statt des Transits von Gas durch die Ukraine, und alles andere würde sehr große Spannungen hervorrufen.“ Doch wie sie erreichen will, dass Russland auch nach 2024 Gas durch die Ukraine nach Europa leitet, blieb dabei offen.
Der Standard