Europas Staaten kämpfen gegen die steigenden Energiepreise. Das Patentrezept hat niemand – aber viele Mosaiksteine könnten ein Bild ergeben.
Alle 27 Regierungen in der Europäischen Union versuchen, die Energiekosten für ihre Bürgerinnen und Bürger einigermaßen im Zaum zu halten. Die Rufe nach einem akkordierten Vorgehen, etwa einem europaweit einheitlichen Preisdeckel, werden immer lauter. Noch aber macht jedes Land, was die jeweilige Regierung für das Beste hält. Ein Überblick über die verschiedenen Methoden.Am besten ist die nicht verbrauchte Energie Beispiel Italien. Dort muss die Beamtenschaft mit gutem Beispiel vorangehen. Sie dürfen die Klimaanlagen in staatlichen Gebäuden in diesem Sommer nicht unter 25 Grad Celsius Raumtemperatur stellen, im Winter nicht über 21 Grad heizen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) forderte unlängst ähnliche Maßnahmen.
Sparen mag spießig klingen, hat aber großen Effekt – auch in Privathaushalten. 70 Prozent des Energiebedarfs gehen in die Raumwärme, wie das deutsche Statistische Bundesamt errechnet hat.Unabhängigkeit istauch nicht schlecht Je mehr billige erneuerbare Energie bereitsteht, desto weniger werden teures Öl, Gas und Kohle benötigt – und desto besser auch für das Klima. Der Ausbau der Erneuerbaren steht daher bei allen Staaten im Zentrum. Er benötigt aber Zeit.
Finnland und Litauen setzen einen Schwerpunkt. Litauen beschloss im April ein 1,12 Milliarden Euro schweres Paket, um seine Energie-Unabhängigkeit auszubauen. 677 Millionen Euro davon fließen in den Gebäudesektor. Finnland mobilisiert 250 Millionen Extra-Euro in langfristige Energiesicherheit, etwa für Wasserstoff- und Batterieprojekte.Steuersenkungen und Zuschüsse sind beliebt Alle EU-Staaten haben seit Oktober staatliche Zuschüsse und Subventionen eingeführt, um Haushalte und Wirtschaft zu entlasten. Österreich verschickte im Frühjahr an vier Millionen Haushalte Energiegutscheine im Wert von 150 Euro, Dänemark gab im Februar „Heiz-Schecks“ im Wert von je 800 Euro an 320.000 Haushalte aus und Frankreich überwies bereits im Dezember allen, die weniger als 2000 Euro monatlich verdienen, je 100 Euro als Energiekostenzuschuss. Dazu kommen in sehr vielen Ländern Zuschüsse für das Tanken. Weiteres Mittel der Wahl ist die Senkung von Steuern, etwa der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Sprit.
Der Vorteil: Zuschüsse können zielgerichtet an einkommensschwache Gruppen gehen. Auch Steuernachlässe kommen direkt bei den Endverbrauchern an, wenn auch breit gestreut.
Der Nachteil: Es fehlt der Anreiz zur Änderung des Konsumverhaltens, die Erleichterung für die Betroffenen währt nur kurz.
Alle Maßnahmen, die Kosten für die Endverbraucher senken, verursachen einen grundsätzlichem Kollateralschaden – sie könnten den Verbrauch fossiler Energien erhöhen, damit die Abhängigkeit Europas von Importen zementieren und zudem das Klima weiter anheizen. Ein Deckel hindert die Preise am Überkochen Estland, Rumänien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Malta, Spanien und Portugal haben bereits staatlich fixierte Preisobergrenzen eingeführt. Frankreich hat die Gaspreise seit Herbst 2021 gedeckelt. Weil der Staat den Preisausfall kompensiert, schlug das ein 20 Milliarden Euro tiefes Loch ins Budget. Im Jänner entschied die Regierung in Paris, den Preisanstieg bei Strom für 2022 auf vier Prozent zu begrenzen. Ungarn wiederum hat die Strom- und Gaspreise im April um ein Fünftel gesenkt und eingefroren. In Ungarn müssen die Energieunternehmen die Verluste selbst tragen – sie sind allerdings fast durchgehend verstaatlicht.
Salzburger Nachrichten