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Putins Gas-Ultimatum läuft ab

30. März 2022, Wien

Energie. Morgen will Moskau darlegen, wie der Westen künftig Gas in Rubel zahlen soll. Sonst droht der Lieferstopp. Europa gibt sich kämpferisch und setzt auf einen Bluff. Konzerne rüsten sich für den Ernstfall.

"Keiner wird Gas umsonst liefern. Und bezahlen kann man dafür nur mehr in Rubel." Mit diesen Worten fasste Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag die Sichtweise Moskaus im sich zuspitzenden Konflikt um die Bezahlung der Gaslieferungen für Europa zusammen. Noch deutlicher äußerte er sich bereits Montagabend im US-Sender PBS: "Keine Bezahlung — kein Gas." Damit reagierte der Kreml auf den Entschluss der G7, der Forderung des Kreml nach einer Bezahlung in Rubel nicht nachkommen zu wollen, "Die Presse" berichtete.

Die Forderung

Vor einer Woche überraschte Russlands Präsident, Wladimir Putin, mit der Ankündigung, wonach "unfreundliche Staaten" (zu denen die gesamte EU zählt) ihre Gaslieferungen künftig in Rubel bezahlen müssen. Einerseits soll so Nachfrage nach Rubel generiert und der Kurs der russischen Währung gestärkt werden. Andererseits könnte Russland auch den Druck erhöhen, die Technologie-Sanktionen aufzubrechen. Stellt die russische Zentralbank nämlich keine Rubel zum Tausch zur Verfügung, wären Lieferungen von Waren die einzige Möglichkeit für den Westen, um an sie zu kommen.

Europa wäre also gezwungen, seine eigenen Sanktionen zu unterlaufen. Von der Gruppe der G7, zu der auch Deutschland, Frankreich und Italien gehören, wurde die Forderung daher abgelehnt. Eine Zahlung in Rubel sei "nicht akzeptabel", so der deutsche Wirtschaftsminister, Robert Habeck. In Österreich ist man noch unschlüssig. So heißt es aus dem Bundeskanzleramt auf Anfrage: "Die bestehenden Verträge sehen eine Bezahlung in Rubel nicht vor, Russland würde diese damit einseitig brechen." Gleichzeitig wolle Österreich aber auch "alles tun, um die Gasversorgung sicherzustellen". Was es brauche, sei eine europäische Linie, "keine Alleingänge". Dass es auch in Deutschland unterschiedliche Meinungen gibt, zeigt der stellvertretende bayrische Ministerpräsident, Hubert Aiwanger, im Gespräch mit der "Presse": "Entweder brauche ich das Gas, dann muss ich es in jeder Währung bezahlen. Oder ich brauche es nicht, dann muss ich auch keine Euro und Dollar dafür ausgeben."

Die Presse

Wo Österreich fördert und speichert

30. März 2022

Die Abhängigkeit von russischem Gas ist in Österreich bekanntlich besonders hoch. Doch auch hierzulande wird Gas gefördert, wenn auch immer weniger. Ein Überblick.

80 Prozent. Diese Zahl ist seit Wochen omnipräsent. Vor allem als numerisches Mahnmal der österreichischen Abhängigkeit von russischem Erdgas. Vier Fünftel des Jahresgasverbrauchs in Österreich – zuletzt waren es 8,5 Milliarden Kubikmeter – kommen damit aus jenem Land, das vom Westen seit Beginn von Putins Angriffskrieg in der Ukraine mit nie da gewesenen Sanktionen überzogen wird. Ein riesiger Anteil, der kurzfristig auch nicht zu ersetzen ist, sollte es tatsächlich zu einem Lieferstopp kommen (siehe rechts).

Viele Leseranfragen der vergangenen Tage beschäftigten sich auch mit dem Thema der Förderung im Inland: Wie viel Erdgas wird eigentlich in Österreich selbst gefördert? Sinkt dieser Anteil oder nimmt er zu? Und welche Potenziale gibt es im Inland? Laut Carola Millgramm, Leiterin der Gasabteilung der Regulierungsbehörde E-Control, kommen knapp zehn Prozent des Jahresverbrauchs aus heimischer Förderung. „Der Anteil ist schon seit Jahren rückläufig, es gab Zeiten, in denen es fast 20 Prozent waren.“ 1970 konnte Österreich sogar noch 66 Prozent des Erdgasbedarfs mit heimischer Produktion abdecken. Umgekehrt gab es auch schon Phasen, in denen der russische Anteil bei mehr als 90 Prozent gelegen ist. Die Möglichkeiten, die klassische Erdgas-Förderung in Österreich auszuweiten, seien beschränkt, so Millgramm. Das zeigt sich etwa am Beispiel der RAG Austria AG, die neben der OMV in Besitz von Förderlizenzen des Bundes ist. Die RAG fördert seit 50 Jahren Erdgas aus Lagerstätten in Oberösterreich, Salzburg und Niederösterreich – diese Förderungen sind aber sukzessive weniger geworden, sodass die RAG heute vor allem Speichergeschäft betreibt.

Kleine Zeitung