2024 Artikel gefunden:

WKO drängt auf Masterplan

1. Juni 2022

WKO-Chef Mahrer spricht von „wirtschaftlichem Armageddon“ bei Gas-Embargo gegen Russland.

Wie geht es in der österreichischen Energiepolitik weiter – diese Frage nimmt angesichts der Teuerungen, drohenden und geplanten Lieferausfällen oder Lieferstopps für Gas an Dramatik zu. Für Harald Mahrer, Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO), ist es höchste Zeit, dass die Regierung einen Energiemasterplan präsentiert. „Ich halte es für unverantwortlich, dass die Debatte nicht zahlen-, daten- und faktenbasiert geführt wird“, sagte Mahrer am Dienstag vor Journalisten in Wien. Bezüglich der Abhängigkeit von russischem Erdgas müsse man ehrlich sein, so Mahrer: „Es wird immer kommuniziert, dass es leicht sei, von russischem Erdgas wegzukommen.“
Dass dem nicht so ist, illustrierte Mahrer am Beispiel Italiens und Deutschlands, die neben Österreich die größten Importeure von Erdgas aus Russland sind. Die beiden Länder müssten so viel russisches Gas kompensieren, wie Österreich in zwei Jahren verbraucht (siehe Grafik). Da brauche man sich keine europäische Solidarität erwarten oder hoffen, dass „schon etwas aus Deutschland und Italien kommen wird“, sagte Mahrer. Diese Länder seien kein Sicherheitsnetz für Österreich: „Österreich muss selbst aktiv werden“, forderte er in Richtung Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Masterplan fehlt

„Wir stehen im Wettbewerb, diese Versorgungslücken zu füllen. Aus diesen Lücken werden Versorgungskrater. Mir macht das massive Sorgen“, sagt Mahrer. Ein Energiemasterplan würde nach Ansicht Mahrers die Fragen der Versorgungs- und Planungssicherheit unter Beachtung des Klimaschutzes beantworten. Er sei nach mehrmaligen Forderungen der Sozialpartner aber noch immer nicht vorgelegt worden. Dabei sei es „fünf nach zwölf“, so der Wirtschaftskammer-Chef.

Die bisherigen Pläne zur Energiewende müssten neu gemacht werden und man müsse sich darauf einstellen, dass Erdgas als Brückentechnologie noch 20 Jahre benötigt werde. Die Diskussion sei nicht neu, so Mahrer, „der Krieg Russlands in der Ukraine hat die Debatte nur beschleunigt.“ Ein sofortiger Gas-Lieferstopp, wie ihn etwa die Klimaaktivistinnen und Aktivisten von Fridays For Future am Dienstag forderten, würde ein „wirtschaftliches Armageddon“ auslösen. „Es ist nicht machbar. Es verursacht Kollateralschäden, die sich niemand ausmalen kann.“
Das würde nicht nur Österreich treffen, sondern in ihrer Vernetztheit und Kleinteiligkeit die gesamte europäische Wirtschaft. „Keine politische Partei kann die Massenarbeitslosigkeit, den Stillstand und die Verarmung verantworten“, malte Mahrer ein drastisches Bild. „Man muss die Dinge fertig denken.“ Wer behaupte, man könne in den nächsten Jahren aus fossiler Energie aussteigen, verbreite eine „politische Lüge“.

Wiener Zeitung

Mit Öl-Embargo droht nächster Inflationsschub

1. Juni 2022

Der Ölpreis reagiert und macht Sprit teurer. Sollte er länger über der 120-Dollar-Marke verharren, könnte er die Inflation in Österreich noch um einen halben Prozentpunkt nach oben treiben. Im Mai lag diese bereits bei 8,0 Prozent.

Noch ist an der Preisfront keine Entspannung in Sicht. Im Gegenteil: Befeuert von den Energiepreisen ist die Inflation in Österreich im Mai nach einer Schnellschätzung der Statistik Austria von 7,2 auf 8,0 Prozent gesprungen, den höchsten Wert seit September 1975. Doch dies dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn mit dem von der EU nun fixierten Importstopp für russisches Erdöl droht jetzt der nächste Inflationsschub.

Der Ölpreis hat jedenfalls reagiert, am Dienstag kostete ein Fass der europäischen Sorte Brent in der Spitze mit knapp mehr als 124 Dollar fast 2 Prozent mehr als am Tag davor. Es war das höchste Niveau seit Anfang März. Dass dieser Preisanstieg schon bald auch auf die Treibstoffpreise an den heimischen Tankstellen durchschlagen und damit für die Konsumenten spürbar sein wird, ist absehbar. Über die höheren Preise für Benzin und Diesel kann der Ölpreis vor allem auch den Transport von Waren verteuern, sodass diese ebenfalls teurer werden.

„Gaspreise tun viel mehr weh“

Aus Sicht der Konjunkturforscher des Wifo hat das jetzige Öl-Embargo gegen Russland das Potenzial, die Inflation in Österreich um weitere 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte hinaufzutreiben. Dabei hat das Wifo seine Prognose für die durchschnittliche Jahresinflation zuletzt ohnehin schon deutlich nach oben korrigiert – nämlich von 5,8 auf 6,5 Prozent.
Mit Blick auf das Öl-Embargo sagt auch Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Unicredit Bank Austria: „Natürlich kann das die Inflation noch einmal nach oben treiben. Viel mehr weh tun aber die Gas- und Strompreise.“ In der Tat bewegen sich im Großhandel die Gaspreise für Juni auf Rekordhöhen. Wie die Österreichische Energieagentur am Dienstag mitteilte, zeigt sich gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat ein Plus von 424,3 Prozent. Die Preise haben sich demnach geradezu explosionsartig mehr als verfünffacht.

Tiroler Tageszeitung