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Wo Europa künftig Gas kaufen will

5. Mai 2022, Wien

Analyse. Vor allem die USA und Afrika sollen der EU helfen, den Abschied von Russland durchzuziehen. Die Neuorientierung lässt auch manch totgesagtes Projekt wieder aufleben.

Erst Öl, dann Gas. Geht es nach dem Willen einiger EU-Staaten, ist das geplante Embargo gegen russisches Erdöl nur der erste Schritt. Auch bei Erdgas soll sich die Union rasch vom russischen Hauptlieferanten loseisen. Noch heuer will Brüssel die Importe aus Russland von zuletzt 168 Milliarden Kubikmetern im Jahr um zwei Drittel verringern, bis 2027 den Ausstieg schaffen. Wie das genau funktionieren soll, blieb bisher unklar. Nun gibt es erste Einblicke, wo die EU künftig ihr Erdgas einkaufen will.

Im Kern aller Überlegungen steht Flüssiggas (LNG), das flexibel per Schiff angeliefert werden kann. Da die momentane Nummer eins, Katar, derzeit keine zusätzlichen Reserven für die EU hat, soll der Löwenanteil der neuen LNG-Importe aus den USA kommen. Washington will bekanntlich mittelfristig um 50 Milliarden Kubikmeter im Jahr mehr liefern. Ansonsten setzt der Kontinent vor allem auf Afrika, wie aus dem geleakten Entwurf der Diversifizierungsstrategie hervorgeht. "Die Presse" hat sich angesehen, wo es realistische Potenziale gibt und welche Hürden lauern.

Große Hoffnungen ruhen auf den westafrikanischen Ländern Nigeria, Angola und Senegal, zitiert Bloomberg aus dem EU-Papier. Nigeria, einer der zehn gasreichsten Staaten weltweit, liefert schon heute LNG nach Frankreich, Spanien und Portugal. Sogar ein Pipeline-Anschluss an das europäische Gasnetz ist geplant, die Sicherheit der Infrastruktur haben Experten aber immer wieder als problematisch bezeichnet. Viel Erdgas gibt es auch in Libyen, die politisch instabile Lage verhindert aber, dass das Land zu einer echten Stütze werden könnte.

Die Presse