Die EU-Staaten können Haushalten und Betreibern unter die Arme greifen und einige machen es stärker als andere. Damit soll der europäische Energiemarkt gerettet werden.
„Größter österreichischer Stromkonzern produziert rund 30 TWh aus Wasserkraft. Auf den Handelsmärkten ist der Preis für Lieferungen 2023 in einem Jahr von 55 auf 210 Euro/MWh gestiegen. Bei unveränderten Kosten ist das ein Extraprofit von 4,2 Mrd. Euro. Wer zahlt das?“, schrieb Ex-SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern kürzlich auf Twitter. Als früherer Verbund-Vorstand weiß Kern natürlich, dass vier Fünftel des Stroms über Termingeschäfte nach speziellen Regeln verkauft werden. Der Absatzpreis des Konzerns, der 2021 mit 54 Euro je Megawattstunde (MWh) um 22 Prozent höher lag, wird heuer noch stärker steigen. Jeder Euro je MWh zusätzlich erhöht das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen des Verbunds um 25 Mill. Euro, rechnete Finanzchef Peter Kollmann vor Kurzem vor.
Die Verbund AG, zu 51 Prozent in Staatsbesitz, ist der größte, aber nicht der einzige Profiteur der Strompreiskapriolen. Landeseigene Versorger mit Wasserkraftwerken wie die Tiroler Tiwag oder teils die Salzburg AG melden ebenfalls sprudelnde Gewinne. Stromverbraucher, Gewerkschafter und Opposition rufen jetzt nach Sonderdividenden, Abgabensenkungen und mehr: Strom aus heimischer Wasserkraft werde gleich billig wie bisher produziert. Die Politik müsse nur – wie etwa in Spanien – die Preise regulieren, argumentiert auch Kern.
Die Energieversorger lehnen solche Eingriffe naturgemäß ab. Auch die Regulierungsbehörde sieht sie kritisch. „Es hat zwei Jahrzehnte gebraucht, Ineffizienz und Protektionismus wegzukriegen“, sagt Johannes Mayer, Preisexperte der E-Control. Vor 20 Jahren haben die EU-Staaten ihre abgeschotteten Energiemärkte mit viel Mühe geöffnet. Der Strommarkt blieb streng geregelt, um Blackouts zu verhindern und Investitionen zu sichern. Die Preise sanken aber, weil Strom nun aus den jeweils günstigsten Kraftwerken kam, wo immer sie stehen. Auch Österreich muss im Winter bis zu 40 Prozent Strom importieren, wenn Wasser, Wind und Sonnenkraft nicht reichen, dafür wird im Sommer exportiert.
„Früher war der Strompreis kostengetrieben“, sagt Energieberater Walter Boltz, „und das war sauteuer.“ Überall wurden zu viele Kraftwerke gebaut, weil sie die Stromkunden bezahlt haben. Trotz Wasserkraft sei der Strompreis damals höher als 2019 – das letzte „normale“ Jahr – gewesen, erinnert sich der frühere Chef der E-Control.
Salzburger Nachrichten