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Putins chaotischer Rubel-Poker

1. April 2022

Ab Freitag soll es russisches Gas nur noch geben, wenn dafür in Rubel gezahlt wird. Über Konvertierungskonten bei der Gazprom sollen Euro und Dollar in Rubel getauscht werden. Eine gesichtswahrende Lösung im Rubel-Streit.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag ein Dekret unterzeichnet, um seiner Forderung nach Rubelzahlung für Gaslieferungen Nachdruck zu verleihen. „Um russisches Erdgas zu kaufen, müssen sie Rubelkonten bei russischen Banken eröffnen“, sagte Putin in einer Fernsehansprache. Von diesen Konten werden Zahlungen für ab Freitag geliefertes Gas geleistet, heißt es. Würden solche Zahlungen nicht geleistet, „betrachten wir dies als Verzug der Käufer mit allen daraus resultierenden Konsequenzen“, sagte der Kreml-Chef. Niemand verkauft uns etwas umsonst, und wir werden auch keine Wohltätigkeit tun – das heißt, bestehende Verträge werden notfalls gestoppt.

Konkret sollen die Zahlungen so abgewickelt werden: Ausländische Käufer müssen Konvertierungskonten („K“-Konto) bei der Gazprombank eröffnen. Westliche Gaskäufer sind fortan verpflichtet, auf diese speziellen K-Konten Fremdwährungen einzuzahlen. Die Gazprombank kauft dann im Namen des Gaskäufers Rubel und überweist diese vom K-Konto auf die Rubelkonten von Gazprom, heißt es in der Verfügung.

Die Gazprombank kann solche Konten ohne die Anwesenheit eines Vertreters des ausländischen Käufers ab dem 1. April eröffnen, heißt es. Werde diese Zahlungsmodalität nicht erfüllt, würden die Verträge gestoppt.

Der Standard

Verzweifeltes Ringen um den Ölpreis

1. April 2022, Moskau

Analyse. Die Welt keucht unter dem Öl-preis. Doch die Opec+ bleibt untätig. Nun werden die USA aktiv.

Man weiß derzeit auf dem Ölmarkt kaum noch, in welche Himmelsrichtung man zuerst blicken sollte. Von allen Seiten her erhoffen sich Marktteilnehmer und vor allem Verbraucher Maßnahmen, die einen Rückgang beim Preis bringen könnten. Vom Ukraine-Krieg, der einen wesentlichen Teil der Preisrallye verursacht hat, ist vorerst noch keine nachhaltige Entspannung zu erwarten. Umso bedeutender erweisen sich nun die Ölpolitik der USA und der Ölallianz Opec+.

Letztere, ein Verbund aus rund 20 Staaten mit Saudiarabien und Russland an der Spitze, hielt ja am gestrigen Donnerstag ihre mit Spannung erwartete Online-Ministerkonferenz ab. Das Ergebnis war für den Markt ernüchternd, obwohl im Rahmen der Erwartungen: die Ölallianz dreht den Ölhahn nur moderat auf. Konkret werde die Produktion im Mai um weitere 432.000 Barrel (je 159 Liter) täglich ausgeweitet, teilte der Verbund mit.

Das Kartell hält damit trotz des Kriegs in der Ukraine an dem Förderplus auf dem Niveau der vergangenen Monate fest. Es seien vor allem geopolitische Gründe und keine gestiegene Nachfrage für den zuletzt hohen Ölpreis verantwortlich, wiederholten die Länder ihre schon bekannte Begründung für das eher vorsichtige Vorgehen. Entsprechend blieb die lindernde Wirkung auf den Preis aus. Die Notierung für Rohöl der in Europa maßgeblichen Nordseesorte Brent legte sogar leicht von knapp 106 Dollar je Barrel auf gut 108 Dollar zu.

Die Presse

Gas-Frühwarnstufe ausgerufen

31. März 2022

Regierungen in Österreich und Deutschland bereiten sich auf Lieferstopp bei russischem Gas vor.

Österreich zog mit Deutschlands Entscheidung mit und rief am Mittwoch die Frühwarnstufe im Notfallplan für die Gasversorgung aus. Grund dafür sei die Ankündigung Russlands, dass Gaslieferungen künftig nur noch in Rubel bezahlt werden sollen, begründete die Regierung die Entscheidung. Damit werde das Überwachungs- und Monitoring-System noch weiter verschärft. Energielenkungsmaßnahmen wie Rationierungen seien aber vorerst nicht vorgesehen, diese seien erst ab Stufe drei des dreistufigen Plans eingeplant. Sollte es jedoch zu einem totalen Ausfall der Gaslieferungen aus Russland kommen, könnten auch Stufen des Notfallplans übersprungen werden. Für diesen Fall werden massive wirtschaftliche Folgen befürchtet, da Österreich ebenso wie Deutschland stark von russischen Energielieferungen abhängig ist.

Laut Klimaministerium laufen die Gaslieferungen derzeit uneingeschränkt weiter. Die Gasspeicher sind zu 13 Prozent gefüllt, was dem Durchschnitt der vergangenen Jahre entspricht. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) versprachen, alles zu tun, um die Gasversorgung sicherzustellen. Mit der Frühwarnstufe werde die Situation am Gasmarkt noch engmaschiger beobachtet.

Die Bezahlung in Rubel hätte heute, Donnerstag, in Kraft treten sollen. Die Anweisung, auf Rubel-Zahlungen umzustellen, sei aber noch nicht für diesen Donnerstag gültig, eklärte ein Sprecher des Kreml. Die Lieferung von Gas und die Bezahlung seien getrennte Prozesse. Die OMV und die russische Gazprom haben eine Zahlung in Euro vereinbart.

Österreich aktiviert bei Gas den Notfallplan

Das Klimaministerium ruft die Frühwarnstufe aus und zieht mit Deutschlands Entscheidung mit.

Das Krisenkabinett der Bundesregierung hat gemeinsam mit der E-Control die Frühwarnstufe im Notfallplan für die Gasversorgung ausgerufen, teilte das Büro von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwochnachmittag mit. Grund dafür sei die Ankündigung Russlands, wonach Gaslieferungen künftig nur noch in Rubel bezahlt werden sollen. „Als direkte Folge der Frühwarnstufe wird ab sofort das bereits seit Wochen bestehende Überwachungs- und Monitoring-System noch weiter verschärft. So werden beispielsweise die täglichen Berichte der E-Control und der Austrian Gas Grid Management, die für den Gasmarkt in Österreich zuständig sind, um detaillierte Analysen der Marktteilnehmer ergänzt“, so das Ministerium.
Etwaige Energielenkungsmaßnahmen (etwa Rationierungen) sind nicht Teil der ersten Stufe des Notfallplans. Sie kommen erst in Stufe drei – der Notfallstufe – und im unmittelbaren Krisenfall zum Einsatz (siehe Wissen). Sollte es zu einem totalen Ausfall der Gaslieferungen aus Russland kommen, können auch Stufen des Notfallplans übersprungen werden. Die Gaslieferungen aus Russland laufen derzeit weiter uneingeschränkt. Die heimischen Gasspeicher sind zu 13 Prozent gefüllt – das entspricht dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Derzeit lagern in Österreichs Gasspeichern etwas mehr als 12 Terawattstunden (TWh) Gas. Dieser Füllstand sei laut E-Control in einem niedrigen, aber normalen Bereich. Österreichs Haushalte verbrauchen im März durchschnittlich zwei bis drei TWh, 2020 betrug der Verbrauch 19 TWh. Derzeit werde in die Gasspeicher bereits wieder Gas eingespeichert. Die E-Control überwache die Lieferflüsse laufend, hieß es in der Mitteilung.

Wiener Zeitung

Ohne russisches Gas brechen die Lieferketten

31. März 2022

Industrie. IV OÖ-Präsident Axel Greiner ist für die Energiewende, sieht aber kurzfristig bis mittelfristig wenig Spielraum, sich vom russischen Gas unabhängiger zu machen und kritisiert die Sonntagsreden der EU-Politik.

Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine werden für die heimische Industrie zu einer immer größeren Herausforderung. Was sich da gerade an Problemen auftürmt, "das toppt die zwei Jahre Coronapandemie", sagt der Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, Axel Greiner, der die "brutale und rücksichtslose Aggression Putins" aufs Schärfste verurteilt.

Zwei Effekte sind für Oberösterreichs Industriebetriebe massiv. Einerseits ist es der Krieg in der Ukraine selbst. "Dabei geht es nicht ums Exportvolumen, das wir im Außenhandel verlieren, sondern um den Abbruch der Lieferketten", sagt Greiner. "Dadurch gehen uns einzelne kritische Komponenten und Vormaterialien verloren." Der Kabelbaum Cluster in der Ukraine "führt bei etliche Automobilhersteller zu erheblichen Problemen." Neben der Autoindustrie hänge auch die Nahrungsmittelindustrie direkt an der Ukraine. Es geht auch um ukrainische Eisenerzlieferungen. "Da werden uns Lieferanten definitiv fehlen."

Das zweite Problem für die Wirtschaft sind die über Russland verhängten Sanktionen: Sie schneiden Lieferanten im Rohstoffbereich ab. "Das Fehlen von etlichen Grundstoffen wird zu Produktionsausfällen führen", betont Greiner.
Die Drohgebärden ums russische Gas sieht der IV-Oberösterreich-Präsident als "Gleichgewicht des Schreckens": Putin brauche die Gas-Einnahmen für seine Wirtschaft genauso, wie Europa Gas für seine Wirtschaft brauche. Der Gas-Poker ist brandgefährlich: "Wenn kein russisches Gas fließt, brechen die Lieferketten in Europa. Das bedeutet für die österreichische und deutsche Industrie eventuell Stillstand", betont Greiner. "Denn die Mengen an russischem Gas sind so kurzfristig und schnell, wie das in den Sonntagsreden der EU-Politiker klingt, nicht zu ersetzen."

Die Presse