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Gas aus österreichischem Biomist statt aus Putins Russland

13. April 2022

Biomethan aus Holz und landwirtschaftlichen Abfällen könnte etwa ein Viertel des heimischen Bedarfs decken

Vergoren. Gas muss nicht aus Russland kommen, es muss nicht einmal fossil sein. Bei der Energieversorgung Margarethe am Moos (EVM) im Bezirk Bruck an der Leitha wird Gas aus landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen und ins Netz eingespeist. Der Haken dabei: Wenn die Energiepreise nicht gerade wie derzeit durch die Decke gehen, rechnet sich das betriebswirtschaftlich nicht.

Der Rohstoff kommt von Bauern und der Lebensmittelindustrie, aus einem Umkreis von 30 Kilometern. Unter anderem werden Schalen, Maisschrot, Stallmist und Zwischenfrüchte gebrochen und bei 40 Grad in großen, kuppelförmigen Fermentern unter ständigem maschinellen Rühren vergoren. Dabei steigt Rohbiogas auf, das zur Hälfte aus CO₂ und zur Hälfte aus Methan (CH4) besteht. Letzteres ist chemisch mit Erdgas ident und wird in einem mehrstufigen Prozess ausgefiltert.

Ein Teil des CO₂ wird über eine Rohrleitung an einen nahe angesiedelten Paradeiserzüchter geliefert, wo es die Pflanzen für die Photosynthese brauchen.

Der Rest geht zwar in die Luft, allerdings wird dabei nur CO₂ freigesetzt, das die Pflanzen beim Wachstum aus der Atmosphäre gebunden haben. Dasselbe Muster, nach dem Biomasse-Anwendungen wie etwa Pelletsheizungen als klimaneutral gelten. „Der letzte Schritt“ wäre eine CO₂-Verflüssigungsanlage anzuschließen, um es etwa an die Getränkeindustrie zu verkaufen, so EVM-Geschäftsführer Stefan Malaschofsky. Dafür fehlt bislang aber ein Geschäftspartner.

Kurier

Muss man ohne russisches Gas frieren?

12. April 2022

Mehr als 900.000 Haushalte heizen mit Gas – das wird sich bis zum kommenden Winter kaum ändern.

Noch fließt Gas aus Russland nach Österreich. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung verkündet eine weitere Frohbotschaft: „Wenn die Energie-Einsparpotenziale maximal genutzt und gleichzeitig die Lieferungen aus anderen Erdgaslieferländern so weit wie technisch möglich ausgeweitet werden, ist die deutsche Versorgung mit Erdgas auch ohne russische Importe im laufenden Jahr und im kommenden Winter 2022/23 gesichert.“

Allerdings ist schon der Wirtschaftsminister unseres Nachbarlands Robert Habeck weniger optimistisch und spricht von einer Unabhängigkeit von russischem Gas erst Mitte 2024. Klimaschutz- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nennt überhaupt keinen Zeitpunkt für den Ausstieg aus russischem Erdgas. Aus ihrem Ministerium heißt es: „Die EU-Kommission arbeitet an einem Ausstiegsszenario bis 2027. Das ist ein ambitionierter Zeitplan. Österreich wird diese Arbeiten natürlich unterstützen.“ Im Durchschnitt wird der Gashunger Europas allerdings nur zu gut 40 Prozent aus Russland gestillt.

„Österreich hat eine besonders schwierige Ausgangssituation. Die Abhängigkeit von russischem Erdgas liegt bei 80 Prozent und ist damit außergewöhnlich hoch“, stellt man im Energieministerium fest. Der Ausstieg sei ein „Großprojekt, das nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann“.

In den rund 900.000 Haushalten in Österreich, die mit Gas heizen, bliebe im Moment ohne Gas durch die Jahreszeit bedingt zwar nur das Wasser und mancher Gasherd kalt. Im Herbst aber steigt der Bedarf wieder stark an. Was also lässt sich bis dahin tun? Oder: Warum ist ein Ersetzen der gesamten Gasmenge bis zum kommenden Winter wenig realistisch?

Wiener Zeitung

Die US-Gasfracker im Dauerboom

12. April 2022

Die Förderung von Schieferöl hat ein Auf und Ab erlebt, beim Gas geht es nur nach oben.

Für die US-Fracker waren die vergangenen fünf Jahre in Sachen Schieferöl mehr als schwierig. Das Überangebot am Markt, zu dem nicht zuletzt der große Fracking-Boom nach der Finanzkrise selbst mit beigetragen hat, führte im Jahr 2015 zu einem Absturz des Ölpreises; viele kleine Bohrunternehmen, die erst ab einem Preisniveau von 60 Dollar halbwegs rentabel produzieren konnten, gaben auf. Wirklich erholt hat sich die wegen ihrer umweltschädlichen Produktionsmethoden stark kritisierte Industrie seither nicht. Auf den moderaten Anstieg der Ölpreise ab 2017 folgte die Corona-Krise mit einem neuerlicher Absturz und einem katastrophalen Nachfrageeinbruch.

Gänzlich anders verlaufen sind die vergangenen Jahre freilich für jene US-Unternehmen, die nicht Erdöl mit hohem Druck und chemischen Substanzen aus tief im Boden liegenden Schichten sprengen, sondern Erdgas. So hat sich die Gesamtfördermenge des sogenannten Schiefergases in den USA zwischen 2010 und 2020 nicht nur verfünffacht. Laut den Daten der US-Energiebehörde EIA vollzieht sich das Wachstum auch mehr oder weniger linear mit nur einem minimalen Einbruch im Pandemiejahr 2021.

In den USA, die dank der Schiefergasrevolution schon jetzt die Liste der größten Erdgasproduzenten vor Russland und dem Iran anführen, dürften in den kommenden Jahren aber schon bald deutlich mehr Lagerstätten erschlossen werden als noch vor einigen Monaten geplant. Denn in Europa, das nach dem Überfall auf die Ukraine vor der bangen Frage steht, wie sich russisches Erdgas möglichst umfassend und schmerzfrei ersetzen lässt, sind Importe aus den USA plötzlich attraktiv geworden. Die wegen des notwendigen Verflüssigungsprozesses (LNG) umständliche und teure Verschiffung nach Europa und die bisher oft geäußerten Umweltschutzbedenken spielen angesichts massiver russischer Kriegsverbrechen keine Rolle mehr.

Wiener Zeitung